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STUTTGART: „THE LADY AND THE FOOL“/“GAITÉ PARISIENNE” – Ballett

Stuttgarter Ballett

„THE LADY AND THE FOOL“/“GAITÉ PARISIENNE” 25.4. – Abstriche:

 
Strenge und Liebe: Marcia Haydée (Madame) und Alexander Zaitsev (Bim)
Copyright: Stuttgarter Ballett

Vier Tage nach der Wiederaufnahme-Premiere schlüpfte bereits eine Alternativ-Besetzung in die Rollen der Lady und des Moondog auf der einen, und die Parts des Gastgebers und Offiziers auf der anderen Seite. Die inzwischen fühlbar harmonische Partnerschaft von Maria Eichwald und Filip Barankiewicz kam hier in der ungewöhnlichen Liebe zwischen der des hohlen Glanzes überdrüssigen Capricciosa und dem  verarmten Clown nun besonders schön und berührend zum Tragen. Ihrerseits durch eine ganz langsam erwachende Zuneigung, ein erst schüchternes und dann immer liebevoller werdendes Lächeln, seinerseits in einer zusehends durch seine Maske brechendes und wohltuend unaufgesetztes Strahlen, als ob eine neue Welt für ihn aufgegangen wäre. Dass beide die erzählerisch dichte Cranko-Choreographie wie selbstverständlich und technisch im höchsten Maße gewachsen umsetzen und deshalb nach Herzenslust ausgestalten können, vervollkommnet ihr gemeinsames Wirken. So wie Eichwald auch die Schatten der Überdrüssigkeit zeigt, bringt Barankiewicz das Unbeholfene, manchmal auch Unbeherrschte parallel, sozusagen zweigleisig mit Lebensweisheit und Humor im Herzen zum Vorschein. Das gilt  auch für seinen kleineren Bruder Bootface, den Arman Zazyan mit kindlicher Schutzbedürftigkeit und voller Trauer auch diesmal, mit anderem Partner zum bemitleidenswerten Anhängsel macht.

Auf der Gegenseite der Gesellschaft ist Evan McKie als einziger der drei Lady-Anbeter von der ersten Vorstellung übrig geblieben und stand diesmal dort auf einsamem Siegerposten – sein von leicht Onegin’scher Blasiertheit gezeichneter Prinz war wiederum perfekt ausbalanciert. Roman Novitzky vermochte als von den Damen umschwärmter Offizier mit leichtem Drehvermögen und weitgehend sauberer Linie bei seinem Debut noch ganz gut zu bestehen, doch bei Damiano Pettenella als streng wirkendem Gastgeber war der Abstand gegenüber seinem Vorgänger so weit, dass aus einer wirksam exklusiven Choreographie mangels rhythmischer Präzision und technischer Form flache Beliebigkeit wurde. Schade, aber der italienische Solist hat Rollen, in denen seine Vorzüge gewinnender zum Tragen kommen.

Auch das an diesem Abend eher unkonzentriert und nicht immer synchron scheinende Corps de ballet trug dazu bei, dass der Kontrastreichtum des Werks diesmal verloren ging und die Gesellschafts-Szenen zu konventioneller Langeweile neigten.

Nach der Pause vermochte denn Maurice Béjarts „Gaite Parisienne“ das nach dem ersten Teil etwas müde reagierende Publikum aus der Reserve zu locken, so kurzweilig fegte der phantasievolle Pariser Bilderbogen über die Bühne. Wiederum angetrieben von Filip Barankiewicz als diesmal noch übermütigerem und ausgelassenerem Offenbach – mit einem solchen Blitztempo, dass um sein Gleichgewicht gebangt werden musste. Auch Alexander Zaitsev legte als im Mittelpunkt stehender Tanzschüler Bim noch ein bisschen an Spielfreude und dynamischem Tanz zu; Marica Haydées Versuch, als Madame eine Arabesque auf einem Stuhl stehend zu zeigen, erzielte auch diesmal wieder Szenenapplaus. Die beiden Neulinge unter den ständig beschäftigten Freunden, Özkan Ayik und Jesse Fraser nutzten ihre Solo-Möglichkeiten mit Zukunft versprechenden Anlagen und komplettierten das Sextett mit soviel Lust und guter Laune, dass es wiederum begeisterten Zuspruch bekam. Und kurz vor Ende setzten Maria Eichwald und Evan McKie mit der Wunschprojektion eines liebenden Paares Glanzlichter klassischen Pas de deux-Tanzes.

Der Schmiss der musikalischen Offenbachiade erwies sich unvermindert als entscheidende Antriebskraft des Stückes, so dass der Abend mit viel Jubel endete.

Udo Klebes

 

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