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STUTTGART: NABUCCO mit zwei geglückten Umbesetzungen

29.03.2013 | KRITIKEN, Oper

Stuttgart: NABUCCO“ 28.3. 2013– mit zwei vorteilhaften Umbesetzungen

 Dem ernüchternden ersten szenischen Eindruck ist auch nach dieser Wiederbegegnung mit teilweise veränderter Besetzung nichts wirklich Positives hinzuzufügen. Rudolf Freys im Programmheft kommentierte Auffassung des ersten total abstrahierten Aktes als unbestimmter Zwischenraum der Hebräer sowie die im weiteren Verlauf teilweise ins Show-/Kabaretthafte abdriftende Darstellung als aus dem Schock heraus geborener surrealistischer Bilder ist kaum zu vermitteln und wirkt über weite Strecken unverändert emotionslos als verlegener Umgang mit der Musik.

Abgesehen von der insgesamt auf Hässliches ausgerichteten Optik blieb diesmal immerhin bei den beiden Frauenpartien aufgrund schlanker Rollenvertreterinnen die Peinlichkeit unwürdiger Erscheinungen erspart. Dass beide auch vokal eine Steigerung ermöglichten, erhöhte noch das ohnehin schon hohe musikalische Gesamtniveau.

Mlada Khudoley bringt als Abigaille das Kunststück zu Wege, bei insgesamt schlankem Tonansatz eine mitreißende Fülle an strahlkräftigen und explosiven Spitzentönen zu erzielen. Die umfangreichen Tonskalen durchmisst sie spielerisch aus einer männlichen Tiefe heraus und beherrscht dazu noch die Einbindung rasender Koloraturen. Das sinnlich lyrische Timbre sichert der liebesbedürftigen Seite der Sklaventochter genauso Sympathie wie das mühelose und ohne Forcieren auskommende Attackieren die um ihr Recht kämpfende Frau beglaubigt. Die farblichen Zwischentöne sowie ihre aus eigener Impulsivität geborene leidenschaftliche Darstellung sicherten ihr die unangefochtene Krone in der Gunst des Zuschauers.

Marina Prudenskaja lässt mit ihrem wie gewohnt ausgeglichenen Pracht-Mezzo fast bedauern, dass die Partie der Fenena so schmal bemessen ist. Darüber hinaus kann sie die eigentliche Mittelpunkt-Stellung der rechtmäßigen Königstochter auch dann glaubhaft machen, wenn nur szenische Präsenz gefragt ist.

International erstklassigen Standard garantierte auch Carlo Colombara als Zaccaria, der den zwiespältigen Charakter des Hohepriesters mit füllig breitem Bass in so gegensätzlichen Kriterien wie dunkel gesättigt fundamentierten wie auch balsamischen Belcanto-Tönen auszufüllen vermag. Tragfähiges Legato, dynamische Phrasierung, charismatisch bewegender Vortrag – eine der großen gegenwärtigen Vertreter dieser Stimmgattung.

Sebastian Catana vermochte seinen Nabucco aufgrund nun tadelloser Disposition in der expressiven Formulierung und sicheren Handhabung der für Verdis viel Power und Schmelz erfordernden Bariton-Partie noch zu bereichern.

Staatsopernchor und Staatsorchester sicherten auch dieser Aufführung wesentliche Impulse, wobei noch verstärkt hervorzuheben ist, wie Giuliano Carella am Pult einen schwebenden Ausgleich zwischen Tradition und Fortschritt schafft und mit federnder Takt-Einwirkung den gern banal ausartenden Einsatz des Schlagzeug-Rhythmus vermeidet.

Udo Klebes

 

 

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