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STUTTGART/ Leonhardskirche: ORGELMUSIK von Max Reger – mit wuchtigem Ausdruck

06.08.2016 | Konzert/Liederabende

MIT WUCHTIGEM AUSDRUCK

Orgelmusik von Max Reger in der evangelischen Leonhardskirche am 6. August 2016/STUTTGART

Neuartige Formulierungen und reiche Klangwirkungen beherrschten die reife Wiedergabe von Roland Eckert bei Introduktion und Passacaglia f-Moll op. 63 (aus „Monologe“, zwölf Stücke für Orgel) von Max Reger, der in diesem Jahr sein 100. Todesjahr feiert. Aus diesem Anlass gab der Organist auch dieses Konzert. Dynamische Abstufungen und facettenreiche Differenzierung lotete Roland Eckert hier nuancenreich aus, so kam es auch zu imposanten Finalsteigerungen. Melodische und harmonische Abwandlungen erfuhren dabei immer wieder neue Klangwirkungen, die sich ständig verdichteten. Es war hier keine unverbindliche und leichtgewichtige Sprache, sondern die Eigenständigkeit der chromatischen und synkopierten Linien, die den Zuhörer beeindruckten. Auch die ungebundene Diktion des fließenden Melos kam dabei nicht zu kurz. Bravouröse Sprungtechnik und erweiterte Intervalle mündeten in einen bewegenden Klangkosmos, dessen Intensität nie nachließ. Kleine thematische Fragmente paarten sich außerdem mit feinen Ausdrucksphrasen, voller Akkordik und einfühlsamen Terzenpassagen. Erinnerungen an die Fugenthemen Bachs drängten sich bei dieser weithin gelungenen Wiedergabe einmal mehr auf. Enggeführte Einsätze, die durch Oktavierungen markiert wurden, steigerten das dynamische Volumen. Die Klangsteigerungen kulminierten in einem majestätischen Strahl. Interessant gestaltete Roland Eckert zudem die Choralvorspiele für Orgel op. 67 aus dem Jahre 1902 (aus „52 leicht ausführbare Vorspiele zu den gebräuchlichsten evangelischen Chorälen“). Die Cantus-firmus-Technik blitzte dabei nicht nur bei „Advent, Nun komm der Heiden Heiland“ und „Weihnachten, Vom Himmel hoch da komm ich her“ immer wieder wirkungsvoll hervor. Der schwermütige Regersche Ausdrucksstil zeigte sich dann einmal mehr bei „Sexagesimae, Es ist das Heil uns kommen her“ sowie bei „Passion, Herzlich tut mich verlangen“. So entstanden zuweilen kontrapunktisch verdichtete Sätze von orchestraler Fülle, die in der Leonhardskirche einen seltsamen musikalischen Zauber auslösten. Die thematische Gestaltungskraft erschien auch bei den weiteren Choralvorspielen „Ostern, Erschienen ist der herrlich Tag“, „Cantate, Sollt ich meinem Gott nicht singen“ oder „Pfingsten, Jauchz‘, Erd und Himmel, juble hell“ in allen Graden struktureller Freiheit. Das Ohr wurde wiederholt verführt und betört. Formale und satztechnische Vorgänge betonte Eckert außerdem bei „Erntedank, Nun danket alle Gott“ und „Reformation, Ein feste Burg ist unser Gott“ in herausragender Weise. „Tod und Ewigkeit, Wer weiß wie nahe mir mein Ende“ und „Beschluß, Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“ zeigten nochmals sensible Abstufungen und Transparenz der Linien. Neuartige Verbindungen bewiesen hier höchste Klangpracht. Die dialogische Melodiebildung triumphierte. Rezvoller Wohlklang und lyrischer Ausdruck hielten sich die Waage.

 
Alexander Walther

 

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