Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

STUTTGART: FAUST von Charles Gounod

09.04.2018 | Allgemein, Oper

Stuttgart: FAUST/Gounod am 8.4.2018

Die Inszenierung Frank Castorfs erinnert stark an seinen ‚Ring‘ bei den Bayreuther Festspielen. Nun inszeniert Castorf ja nicht so viel Oper, aber anscheinend hat er sich für deren Verlauf ein gewisses Schema aus Film/live-Szenen, also Simultanszenen zurechtgelegt, bei denen sich in nicht einsehbaren Räumen Handlungen abspielen, die live gefilmt werden. Die verschiedenen Örtlichkeiten auf der Drehbühne sind hier, wie z.B: bei ‚Götterdämmerung‘ der Berliner Alexanderplatz, Paris mit Notre Dame, das Künstlerviertel Montmartre, wo Gretchen und Marthe ihre kleinen Combüsen haben, und der U-Bahneingang mit einem Café Or noir. (hinreißende Bilder: Aleksandar Denic).

Weil Charles Gounod der große Opernprotagonist ist und wegen der Bedeutung der Valentin-Handlung erscheint es sehr plausibel, den Goetheschen Faust einmal in die französische Hauptstadt zu verlegen. Nicht 100 % zu verorten ist allerdings die Zeit, da einmal auf die Kriegsteilnahme auf Seiten der Alliierten unter de Gaulle verwiesen wird, ein anderes mal aber auch der Algerienkrieg ins Spiel kommt, wenn Mephisto eine Parole ‚Algerien ist französisch‘ in den U-Bahneingang sprayt. In diesem lustvoll packenden Ambiente spielt es sich fast von selbst, und so gelingt es Castorf, ein buntes Spektakel zu creieren, das besonders bei der Verführungs- und Liebesszene in starken Bann zieht.  Phantasievolle Damenkostüme auch bei den Chordamen zeigt Adriana Braga Peretzki, die auch ans Varieté gemahnen. Verehrer Siebel kommt dabei auch in einem schwarz-rüschenem Damenkostüm daher. Margarete wird als ungekrönte Königin inszeniert, und Marthe erscheint in einem Hut- Feder- Perlenkette-Ensemble den 20er Jahren entsprungen. Faust geht in einem schlicht-schwarzen Anzug, dazu T-shirt,  Mephisto wahlweise in Hochwasserhosen-Anzug oder im Bocksberg-Kostüm, die  Franzosen in  Uniformen.

Das Staatsorchester spielt einen aufschäumenden Gounod unter der prägnanten Leitung von Marc Soustrot. Besondere Momente wie z.B. die Juwelenarie werden herausziseliert. In den Finali lässt es Soustrot gehörig aufrauschen. Großen Anteil haben auch die flexiblen Chöre, die immer wieder in die Szenen ausschwärmen und klangstarken Hörgenuß bieten.  Besonders hineissend erscheint musikalisch auch die Sterbeszene des Valentin, der Margarete  verflucht und seinerseits vom Chor verflucht wird..

Francesco Demuro singt einen glasklaren tenoral in höchste Höhen geschraubten guttimbrierten Faust, der hier zurecht als Hauptprotagonist gefeiert wird. Seine Arie ‚Demeure chast‘ e pure‘ gelingt ihm im französischem Stil eindrücklich. Einen nimmersatten Mephisto als Großbaß stellt Adam Palka, der dunkel sonor, fast schwarz und voluminös gewaltig herüber kommt. Er ist der Vorantreiber der Szene. Ein Co-Baß  mit eher witzigem Einschlag ist als Soldat Wagner Michael Nagl

Mandy Friedrich übernimmt wie bei der Premiere die Margarethe mit angenehm timbriertem schönstimmigem Sopran und Zug in den dramatischen Stellen. Ihr Siebel ist Sophie Marilley mit charmantem Mezzosopran. Auch Fredrika Brillembourg kann in der Marthe-Kurzrolle mit angenehmen Mezzotönen hervortreten.               

Friedeon Rosén  

 

Diese Seite drucken