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ST.PETERSBURG/ Mariinsky-Theater: L’ELISIR D’AMORE

13.06.2015 | Allgemein, Oper

Mariinsky-Theater : Donizetti – L’elisir d’amore (12.6.2015)

Nachdem sich die 2011 eigens für Anna Netrebko eingekaufte “L’elisir d’amore”-Produktion Laurant Pellys als für das historische Mariinsky-Theater zu unpraktikabel und lange Umbauzeiten erfordernd erwiesen hatte, entschloss man sich zu einer Neuinszenierung, diesmal in der Konzerthalle (wenn auch in szenischer Form) und (anders als bei anderen Werken) in der italienischen Originalsprache. Die Regie ALEXANDER PETROVs verlegte die Handlung in eine Bar, somit Adina zu deren Inhaberin und Nemorino zu einem Putzmann werden lassend – mehr Klamauk als Humor. Der junge Dirigent PAVEL PETRENKO, seines Zeichens auch einer der Chorleiter des Theaters, bevorzugte zügige Tempi, was zu permanenten Unsauberkeiten zwischen Chor und Orchester führte.

Unbenannt                       
Oxana Shilova und Dmitry Voropaev (Foto : Sune Manninen)

Wenn die Aufführung trotz der Regie- und Dirigatdefizite besuchenswert war, dann wegen der beiden Protagonisten. OXANA SHILOVA bot als Adina eine Leistung, die sich in nichts hinter der von Anna Netrebko zu verstecken brauchte : eine aufregend interessant timbrierte Stimme, die sich bei aller Fülle doch die für diese Partie benötigte Agilität bewahrt hat und damit die allerbesten Voraussetzungen für Auftritte an den allerersten Opernhäusern besitzt. Wie Shilova befindet sich auch der Sänger des Nemorino in den Endproben für die am 17. Juni stattfindende, von der Solti-Tochter Claudia erstellte Neuinszenierung von „La Traviata“. Auf der Homepage des Mariinsky-Theaters werden nur die 3 bzw. 4 Sänger genannt, die die jeweilige Partie einstudiert und geprobt haben; erst in der Nacht vor der Premiere wird vom allmächtigen Opernchef Valery Gergiev bekannt gegeben, wem dann das „ius primae noctis“ zugesprochen wird. Undenkbar im Westen, aber Normalität am Mariinsky!

Im Prinzip hat DMITRY VOROPAEV das richtige Material für den Nemorino, weniger tenore di grazia à la Tito Schipa als vielmehr ein echter lyrischer Tenor. Allerdings ist unüberhörbar, dass er sich in der jüngeren Vergangenheit mit Erik, Lohengrin und Siegmund Partien des jungendlichen Heldenfachs erarbeitet hat. Trotzdem verdient Voropaev ein Kompliment, wie sehr er seine Stimme den veränderten Nemorino-Anforderungen anzupassen in der Lage war, wenngleich er ruhig ein wenig mehr von dem Raffinement hätte hören lassen können, das seine Interpretation von „Una furtiva lagrima“ ausgezeichnet hat. Auch mit VIKTOR KOROTICH war der Belcore „groß“ besetzt, ein Verdi-Bariton der Extra-Klasse, wenngleich seine Stimme an diesem Abend weniger durchschlagskräftig war und er sich einige dünne eingelegte Spitzentöne besser erspart hätte. An Dulcamara-Interpreten wie Taddei oder Panerai gewöhnt, die sich bei aller vis comica vokal doch am Ende ihrer langen Karriere befanden, war es wohltuend, mit YEVGENY STAVINSKY als Gast von der Moskauer Novaya-Oper einen noch jungen Sänger im Vollbesitz seines wohlklingenden Materials erleben zu können. Als Giannetta war die junge ELENA USAKOVA mehr eine Augen- denn eine Ohrenweide.

Daran gewöhnt, dass das Mariinsky-Theater, zumal zu den prestigereichen Weißen Nächten, eigentlich immer wohlgefüllt ist, verwunderte es, relativ viele freie Plätze zu sehen. Auch in der Stadt, in den Hotels oder Restaurants, machte sich das Fehlen vieler Touristen vor allem aus dem westlichen Ausland bemerkbar. Wer sich trotz der politischen Situation nicht von einer Reise in die Neva-Metropole abbringen lässt, wird in dieser Stadt mit ihrem Reichtum an Musik mit Sicherheit immer fündig werden.

Sune Manninen
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