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SCHWETZINGEN: GIULIETTA E ROMEO von Niccolo Antonio Zingarelli

01.12.2016 | Oper

Schwetzingen:  Giulietta e Romeo von Niccolo Antonio Zingarelli  am 30.11.2016

In einem auf 7 Jahre angelegten Zyklus ‚Opera Napoletana‘ beim Winter in Schwetzingen wurde heuer als 6.Ausgabe ‚Giulietta e Romeo‘ von Antonio Zingarelli im Rokokotheater Schwetingen in einer Edition des Heidelberger Theaters gegeben. Die UA fand 1796 an der Mailänder Scala statt und hielt sich erstaunlich lange, da der Shakespear’sche Stoff damals neu war und klassisch mythische Stoffe an Zugkraft verloren. Operndirektor H. Germeshausen bezeichnet die Tragedia per musica u.a.als „missing link“ in der etwa 100 Jahre dauerden Neapoletanischen Oper zur (Wiener) Klassik, indem Zingarelli bereits Klarinetten und Hörner einsetzt, der Chor eine neue Rolle spielt und indem auch mehrere ‚Nummern‘ , also Secco- oder Accompagnato Rezitative, Chöre und Ensembles sich zu durchkomponierten Szenen oder Finali ausweiten. Das natürlich reduzierte Heidelberger Orchester spielt diese Musik sehr lebhaft und auch historisch informiert wie heute üblich. Mit Felice Venanzoni wurde auch ein Experte für italienische Barockmusik gewonnen, der mit starkem Impetus dirigiert und die Rezitative am Hammerklavier begleitet.

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Kangmin Justin Kim (Romeo) und Emilie Renard (Giulietta). Copyright: Annemone Taake (Pressefoto Theater Heidelberg)

Die Regie übernahmen Nadja Loschky und Thomas Wilhelm, letztere hat schon mehrere Arbeiten am Theater Heidelberg, teils sehr erfolgreich, vorgelegt. Grundidee ist, in hintereinander gelegenen Räumen, die jeweils von den Akteuren selber durch Aufziehen der dunklen Gazeh- Vorhänge geöffnet werden, das Geschehen in wechselnde teils traumhaft verschleierte Räume zu plazieren. Das wird durch Nichtvorhandensein konventioneller Bühnenbilder unterstützt. Lediglich abgedeckte Tische, die dann bestiegen werden, stellen manchmal ein gewisses Interieur dar (Daniela Kerck). Die Handlung wird immer wieder durch starke Fechtszenen unterbrochen (Kampfchoreographie: Thomas Ziesch). Dabei duellieren sich Romeo und Tebaldo abwechselnd mit je zwei Degen. Der Pater ist hier ein Adeliger der ‚Capelli‘, der sich für den Frieden zwischen den beiden Häusern einsetzt, aber auch Isignien eines Geistlichen trägt. Wenn Romeo am Ende  in die durch Grablichter erhellte Gruft durchgeht  und seinerseits  Gift genommen hat, erwacht Giulietta und sie vereinigen sich im Tod, indem sie sich einen Dolch ins Herz sticht. Das alles  in Anwesenheit ihres Vaters und Gilbertos des Geistlichen.

Der Chor singt sehr berührend (E.: Ines Kaun). Matilda, Julias Vertaute, wirkt hier wie ihr Page in engen Hosen, Halskrause und Rundbrille (Kost.: Violaine Thel) und wird von Rinnat Moriah mit teils etwas spitzen Koloraturen, aber allerliebst gesungen. In weiterer Nebenrolle  kommt Namwun Huh als Tebaldo stimm- und rollendeckend herüber. Gilberto wirkt wie ein gestelzter Höfling mit Halskrause , Pluderhosen und weißer ‚Topfschnitt‘ -Perücke; als 2.Countertenor mit leichtem fast ‚weißem‘ Gesang reussiert Terry Wey und fädelt die scheiternde Intrige ein. Romeo ist  Kangmin Justin Kim, und man erlebt in ihm einen dramatischen Countertenor in vollem Einsatz. Er schöpft stimmlich und gesanglich alle Nuancen diese Parts aus und kann auch eine eingelegte Bravourarie an Julias Totenbett bemerkenswert gestalten. Die Giulietta übernimmt die  bereits arrivierte junge Mezzosopranistin Emilie Renard. Auch sie kann mit einer breiten Ausdruckspalette ihres weich timbrierten Soprans punkten und zeigt sich dabei sehr spielfreudig und oft ganz punkig aufgemacht. Ihren Vater, hier namens Everardo, ist Zachary Wilder, der in vielen Barockensembles aufgetreten ist, und dem auch ein klangschöner Tenor gut zu Gesicht steht. Dabei hat er sein Stimmpotential auch bei väterlichen Zornesausbrüchen ganz belcantesc im Griff.          

Friedeon Rosén

 

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