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SCHWETZINGEN/ Festspiele: VEREMONDA von F. Cavalli

05.05.2016 | Oper

Schwetzinger Festspiele: Veremonda von F.Cavalli  4.5.2016

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Polina Pasztircsak und Miriam Gadatsch. Copyright: Martina Pipprich

 Mit „Veremonda, l’Amazone di Aragona“ von Cavalli, dem Schüler Monteverdis wurde bei den Schwetzinger SWR Festspielen eine Oper der frühen Barockzeit (UA 1652 in Venedig) ausgegraben. Wie bei frühbarocken Opern üblich musste erst eine neue Partitur erstellt werden, da nur zwei Diskant- und eine Baßlinie vorlagen. Diese Aufgabe übernahm Gabriel Garrido, ein Spezialist der italienischen Musik des 17.Jahrhunderts sowie des lateinamerikanischen Barock. Am Teatro Massimo Palermo hat er eine Heimstätte für Aufführungen früher Opern gefunden und  hier u.a. Monteverdis Orfeo herausgebracht. Es gelang ihm eine kongeniale Instrumentation für ‚Concerto Köln‘ , einem führendem Ensemble für Barockmusik auf Originalinstrumenten herzustellen, das diese Musik mit kurzen Arietten, Ariosi und Rezitativen, die ganz an der Poesie des Libretto orientiert ist, animiert  belebt. Es kommt eine ganz originäre Klangwirkung zustande, angefangen von den körperlich spürbaren einschneidenden Baßtönen der Chitarrone bis zu spielerisch leicht perlenden Höhen der Barockharfe. Diese Spielweise passt auch sehr gut zu den mit dem Aufkommen der venezianischen Theater einhergehenden neuen Stoffen, in denen die Mythen zugunsten von historisch grundierten allegorisch verbrämten Stoffen verdrängt wurden. ‚Veremonda, die Amazone von Aragon‘ ist ein gutes Beispiel dafür: Calpe ist die letzte Stadt ganz im Süden der iberischen Halbinsel, die seit der Reconquista noch in maurischem Besitz verblieben ist und von König Alfons belagert wird. Die maurische Königin Zelemina ist in den  spanischen Heerführer Delio verliebt, der sich allabendlich mit einem Schiff über die Meerenge in Calpe bei ihr einfindet. Auch der spanische König hat kein großes Interesse am Krieg und geht lieber seiner Leidenschaft der Sternebeoachtung nach. Königin Veremonda ist hingegen eine Amazone und hat ein kleines Heer  kampfbereiter Frauen um sich geschart, das auf seinen Einmarsch in Calpe wartet. Wegen ihrer Schönheit stellt aber auch Veremonda eine Liebesobjekt für Delio dar, und sie planen zusammen mit den Amazonen bei Zelemina einzudringen und die Stadt zu nehmen. Der Anschlag gelingt, und Zelemina und ihre Amme Zaide müssen den christlichen Glauben annehmen, wonach Delio die Ex-Königin ehelicht. Die getäuschte Veremonda macht sich für eine Verfolgung der Muslime stark.

 Der allegorische Prolog wird von der Regisseurin Amelie Niermeyer von Sängern in Frauenkleidern besetzt, die auch teils Conchita-Wurst-Bärte tragen. Die Einheitsbühne ist eine Halle mit vor- und zurückfahrbaren Eisentoren, in der sich ein Gewässer durchzieht, durch das Delio zu Beginn auf einem Schlauchboot hereinfährt. (Bb.: Stefanie Seitz) Später tritt in der heruntergekommenen Halle der König Alfons zum Sterne-gucken auf von seinen Bedienten gehaltenen Leitern auf und auch Königin Veremonda, die die Bewaffnung ihrer Amazonen mit Maschinenpistolen überwacht. Witzig auch die Anbahnung einer Liebe zwischen Diener Zeriffo und einer Amazone Vespina, die immer anderes im Köpfchen hat und auch, wie sonst Veremonda eine große Robe, ein Kleid trägt, während die anderen Amazonen in schwarzen Hotpants und karierten Pullovern/Strümpfen gehen, wie auch der übrige Hofstaat.(Kost.: Kirsten Depphoff) In der Schlußszene werden die ihrer Maurentracht aus Seide entledigten Zelemina und Zaide blutverschmiert in Duckstellung vorgeführt, bis sie dann als Konvertiten sich wieder aufrichten dürfen.

Frances Pappas u. Alexandra Samouilidou_Zaide Nutrice u. Zelemina
Frances Pappas, Alexandra Samoulidou. Copyright: Martina Pipprich

 Der Bariton Kyung Jae Moon singt und gestaltet die  Rolle des maurischen Giacutte in einer Art römischem Waffenrock. Leandro Bermudez Lafont hat die ‚Sopranrolle für Kastraten‘ Furore  und des Sergente Maggiore übernommen, indem er in einem ausladend schwarzen Kleid den Amazonen vorsteht und sich mit seinem schönen hohen Counter Respekt bei diesen verschafft. Ruth Katharina Peeck stelt als Amore eine  Allegorie mit akkuratem Mezzosopran dar, die andere La Vendetta singt sopranig Miriam Gadatsch. Stefan Sevenich ist ein guter  Buffobaß als Roldano, Delios gestrengem Vater. Den Alfonso Re gibt mit ganz pointiertem Counter-Altus Matthias Rexroth. Mit einem kräftigem fast derb gezeichnetem Tenor bringt Ralf Simon den Don Buscone, eine Art Hofnarr bei den Spaniern, zum Ausdruck. Die mohammedanische Amme Zaide singt räsonierend der Mezzo Frances Pappas. Die Männerparts in den Allegorien werden von Johannes Mayer (auch Zeriffo)  mit angenehm anrührendem Tenor und von Alin Deleanu/Altus (Il Sole) übernommen.

 Die Zelemina singt Alexandra Samoulidou mit schön geführtem weichem Sopran. Vespina, eine weibliche Amazone, girrt Polina Pasztircsak mit schönem teils ironisch angesetztem Sopran.  Mit einem ungeheuer vielseitig farblich changierendem Counter kann Lawrence Zazzo als Delio aufwarten. Er entspricht vielleicht am besten dieser Art Barockoper im Stil von Monteverdi und Cavalli. In der Titelrolle prägt sich die bereits bekannt gewordene Netta Or ein. Schönheit der Stimme und des Aussehens entsprechen sich bei ihr auf ganz stupende Weise. Man möchte sie auch gerne häufiger in Koloraturrollen erleben.                                                         

Friedeon Rosén

 

 

 

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