Ein musikalischer Spaß und „reine GESCHMACKSsache“ am 1.4.2016
Riesenjubel für den Cellisten Jakob Spahn und den Dirigenten Gerhard Lessky. Copyright: Elisabeth Aumiller
Der Wiener Concert-Verein gastierte unter der inspirierten Leitung von Gerhard Lessky bei den Europäischen Wochen Passau im Schlosspark von Schärding. Die exzellenten Bläsersolisten der Wiener Symphoniker und der bravouröse Cellovirtuose Jakob Spahn schürten die Begeisterung der Zuhörer mit dem musikalischen Spaß von Friedrich Guldas Konzert für Violoncello und Blasorchester, dem Mozarts Serenade „Gran Partita“ KV 361 vorausgegangen war. Die Programmkombination passte zum diesjährigen Festivalmotto „reine GESCHMACKSsache“, das die Europäischen Wochen Passau im Hinblick auf die vom Haus der Bayerischen Geschichte im nahe gelegenen Aldersbach präsentierte Landesausstellung „Bier in Bayern“ gewählt haben.
Vom 17. Juni bis 7. August verwöhnen die Europäischen Wochen die Dreiländerregion Ostbayern, Oberösterreich und Südböhmen mit besonderen Kulturschmankerln an 33 Spielstätten. Eine davon ist die Barockstadt Schärding, die heuer ihr 700-jähriges Jubiläum feiert. An dem ausnahmsweise mal warmen und regenfreien Sommerabend lud der Schlosspark am Hochufer des reichlich Wasser führenden Inns die Besucher unter das dichte Blätterdach des alten Baumbestands zum Klangfest.
Für zwei Oboen, zwei Klarinetten, zwei Fagotte, zwei Bassetthörner, vier Hörner und einen Kontrabass hat Mozart seine Bläserserenade geschrieben. Die Bläser entfalteten den ganzen Zauber dieses wunderbaren Stückes. Besonders den Adagiosatz in seiner unvergleichlichen Schönheit und Klangfinesse brachten sie zu nobler Wirkung. Lessky führte das Kammerensemble mit leichter Hand, ließ der Musik bei rhythmischer Prägnanz auch Zeit zum Atmen und Ausschwingen. Virtuos brillierten die erste Oboe und Klarinette, teilweise mit lustigen Triolenketten, führend im insgesamt ausgewogenen und transparenten Zusammenspiel des hochrangigen Ensembles. Die Fagotte steuerten, ebenfalls virtuos, den humorigen Teil zur betörenden Klangfarbenpalette bei. Feine Solo- und Duettpassagen glänzten dazwischen mit bemerkenswerten Klangreizen. In den Variationen scheute sich Mozart nicht, auch volkstümliche Melodienfolgen einzuflechten. Da zeigte sich die Oboe auch schon mal als übermütiges Pfeifinstrument. Von so viel Musizierlust ließen sich sogar die Vögel in den Bäumen zum eifrigen Mitzwitschern animieren.
Nach der Pause kam dann voll der Humor und musikalische Spaß zum Tragen. „Kaum einer hat wie Friedrich Gulda so erfolgreich neue Formen der Musik geschaffen“, sagte der Intendant der Europäischen Wochen, Peter Baumgardt, in seinen Begrüßungsworten zum „musikalischen Abenteuer“. Guldas Cello-Konzert ist in der Tat ein Unikum, ein musikalischer Scherz auf hohem instrumentalen Niveau, der den Spielern, allen voran dem Cellosolisten, höchste spieltechnische Fertigkeiten abverlangt. Gulda hat das 1981 in Wien uraufgeführte Konzert für Heinrich Schiff geschrieben und dem namhaften Cellisten gewidmet. Die Komposition vereint Big Band Sound mit gefühlvoller Klassik, scheut nicht vor unvermittelten Stilwechseln und formalen Brüchen zurück. Sie ist für Cello und Blasorchester plus Gitarre, Jazz-Brass, Kontrabass und Schlagzeug geschrieben. Das Konglomerat aus Jazz-Rock, alpenländischer Idylle, Bierzelt-Blechblasmusi, nostalgischer Schubert-Lyrik, betörender Cellokantilene mit Bravourkadenz und fantasievollen Flageolett-Kunststücken ist ein musikalisches Schaustück, das dem Publikum großes Vergnügen bereitete und den Musikern offenbar nicht weniger. Lessky verwandelte sich dabei in einen flotten Rhythmiker, der die Musiker forsch anfeuerte. Der aus Berlin stammende Cellovirtuose Jakob Spahn, der seit 2011/12 Solocellist der Bayerischen Staatsoper München ist, zog alle Register seines instrumentalen Könnens mit fulminanten Bogentänzen und bewundernswerter Griffakrobatik sowie im Ausloten von so ziemlich allem auf dem Cello Spielbaren. Am Ende erntete er zu Recht begeisterten Applausregen, in den alle übrigen Musiker und der Dirigent miteinbezogen wurden. Einziger Wermutstropfen bei diesem Open-Air-Konzert war die Plage der Gelsen, die sich in in einem wahren Stechrausch befanden und die Freude am Zuhören damit nicht unerheblich beeinträchtigten.
E.A.