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Salzburger Festspiele „DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG“ 24.August 2013 5.Vorstellung

25.08.2013 | KRITIKEN, Oper
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In der Katharinenkirche von Nürnberg

Salzburger Festspiele 2013  Großes Festspielhaus
“DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG”
5. Vorstellung   24.August 2013

 Im Nürnberger Spielzeugladen

Zumindestens mit dieser gelungenen Inszenierung der “Meistersinger” durch Stefan Herheim lässt die Mozartstadt an der Salzach heuer die Wagnerstätte auf dem Grünen Hügel alt aussehen! Hans Sachsens nächtliche Träume, die wehmütigen Abschiede von Lebenszielen und Liebe eines in die Jahre gekommenen Poeten mit philosophischen Attitüden, alles das wird in der Kulisse der Schusterstube mit beinahe inniger Liebe zum Detail erzählt, wobei die jeweiligen Handlungsräume in einzelne, ins Riesenhafte vergrößerte  Möbelstücke fokussiert wird. Dargestellt wird die Handlung in einer Phantasmagorie der Deutschen Romantik um die Entstehungszeit des Werkes, vor allem in einer getüftelt nachgestellten Lebenswelt der Kleinbürger Nürnbergs, mit einer Flut an phantastisch-bunten Kostümen und Frisuren, so als hätte nicht Gesine Völlm alles entworfen sondern ein Carl Spitzweg oder ein Wilhelm Busch. Stolzing tritt nicht als Ritter sondern als etwas präpotenter Studiosus auf, der sofort seinen Säbel bei der Hand hat und auch einer schnellen Schäkerei mit einer Nürnberger Maid nicht abhold ist. Köstlich sind die Meistersinger mit ihren Macken gezeichnet, Beckmesser wiederum ist weniger ernsthaft wie in neuerer Zeit üblich, sondern mit einem Schuss Komödiantik aus Wiener Tradition ausgestattet.

Auch die Wiener Philharmoniker, am Vorabend noch mit einem etwas trägen Mozartdirigat konfrontiert, fanden unter Daniele Gatti zu einem wunderbaren und breiten Erzählstil, man konnte förmlich – um bei Wagners Vokabular zu bleiben – die Romantik-Weis und den Märchen-Ton vernehmen.

"Ein Werbelied vom Sachs" Markus Werba jubelt, Michael Volle ist skeptisch

„Ein Werbelied vom Sachs“ Markus Werba jubelt, Michael Volle ist skeptisch

Und für Michael Volle war es nicht schwer, der Mittelpunkt des Geschehens zu sein, so bestimmend ist sein Auftreten im Umgang mit den Meistersingern, sein überzeugender Einsatz beim Krisenmanagement für das junge Paar, verbunden mit einem beträchtlichem Aufwand an Verzicht und Trauerarbeit. Er ist also einer jener Sachse, die mehr den Poeten als den Schuster herauskehren. Stimmlich teilt sich der Bariton mit dem allerdings geringen Tiefenvolumen die Partie geschickt ein, so dass genügend Kraft für die Schlussansprache bleibt. Diese wieder wird mit Gefühl aber ohne Pathos gesungen, die übrigen TeilnehmerInnen auf der Festwiese verdrücken sich während des Vortrags. Vielleicht könnte man einmal Wagners Erstversion, die weniger pathetisch und chauvinistisch war, rekonstruieren.

Roberto Saccà ist der solide Ritter, der keine Mühe hat, im Schlussbild für das Preislied noch alles zu geben. Seinem durchschlagskräftiger gewordenem Tenor fehlt es allerdings an verführerischem Glanz. Sein Gegenspieler, der Villacher Marcus Werba, ist großartig bis hin zum “verpatzten” Werbelied, im Spiel kann er seine Jugendlichkeit in der turbulenten Inszenierung geschickt ausspielen, zuletzt hockt er ganz in seinem Elend versunken an der Seite.

Anna Gabler ist als Eva der gesangliche Schwachpunkt. Warum kann sie nicht so richtig die Sonne ihres Herzens zum Leuchten bringen, die Stimme dazu hätte sie ja. Da ist “unsere” Monika Bohinec schon ein anderes Kaliber, die ihrem David kräftig einheizt. Dieser wieder, der Salzburger Peter Sonn singt und spielt sich in die Herzen der Zuschauer, seiner Stimme fehlt es aber noch an technischem Schliff.

Georg Zeppenfeld ist ein Veit Pogner mit ausgesprochen schönem Stimmmaterial und Oliver Zwarg ein guter Kothner, so wie auch bei allen anderen Meistern kein Ausfall zu verzeichnen war, ganz im Gegenteil, sie spielten alle mit großer Hingabe, auch an jenen Stellen, bei denen sie alle vom Hocker fielen, etwa bei Beginn von Walters Lied im ersten Aufzug. Für Wiener erwähnenswert ist das Mitwirken von Benedikt Kobel als ungemein eleganter Balthasar Zorn. Eine auffallend schöne Stimme ließ Tobias Kehrer in seinen Kurzauftritten als Nachtwächter hören.

Nicht nur der Lichteinsatz (Olaf Freese) als auch der gelungene Videoeinsatz (Martin Kern) sind besonders zu erwähnen, weiters die raffiniert gebaute Bühne von Heike Scheele. Der Wiener Staatsopernchor sang unter Ernst Raffelsberger. Dass die Mitglieder von Chor und Statisterie mit großem  Vergnügen am Werk waren, vermeinte man ihnen anzusehen, die Detailerarbeitung muß allerdings mühselig gewesen sein! Ein extragroßes Bravo dafür!

Eine am Schluss kurz aber heftig umjubelte Aufführung, ganz besonders wurde die Leistung des Michael Volle bedankt.

 
Peter Skorepa
MERKEROnline
Fotos: Salzburger Festspiele/Forster

 

 

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