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SALZBURG/ Festspiele: LE NOZZE DI FIGARO

19.08.2015 | Oper

Salzburger Festspiele: Le nozze di Figaro am 18.8.2015

Szene aus "Le nozze die Figaro" bei den Salzburger Festspielen
Copyright: Salzburger Festspiele/ Ruth Walz

 Mit einer Neuinszenierung des Figaro warten heuer die Festspiele auf, wofür der Wiener Hausregisseur Sven-Eric Bechtolf verpflichtet werden konnte. Ihm zur Seite steht Gastdirigent Dan Ettinger, der auch schon öfter seine Visitenkarte in Wien abgegeben hat. Diese Neuproduktion löst die Vorgängerinszenierung  Claus Guths ab, die wohl wegen einiger ‚Neuerungen‘ bzw.Sondersichtweisen nicht so gut beim Publikum angekommen war. In dieser Hinsicht hat man bei Bechtolf offensichtlich nichts zu befürchten. Ihn interessiert besonders das Grafenschloss  und was darin wirklich so passiert und er versucht mit seinem Team Alex Eales (Bühne) und Marc Bouman/Kostüme ein möglichst realistisches Abbild davon zu machen. Dabei tut sich aber gleich ein Widerspruch auf. Während Regie und Bühne versuchen, die ihrer  Zeit Ende des 18.Jahrhunderts sehr naturgetreu wiederzugeben, fallen die Kostüme auf einer Bandbreite zwischen den 20er Jahren (Hüte im Bäuerinnenchor) bis zu heutiger Mode aus. Das muss das Gesamtbild nun nicht direkt beschädigen, aber man fragt sich doch, welche Hinweise Bechtolf uns damit geben will, etwa: die Menschen handeln nicht ihrer Zeit gemäß, sondern modern? 

 Im 1.Akt haben wir einen Längsschnitt durch das Grafenschloss mit links und rechts den Kabinetten des Grafen und der Gräfin, in der Mitte das neue beidseitig zugängige Zimmer Susannas und Figaros, im oberen Stock noch ein Musiksalon für Basilio und eine Kombüse für Rosina, auch eine Treppenaufgang in der Mitte ist vorhanden. Der 2.Akt zeigt nur das Gräfinnengemach mit Bad und Abstellraum, in dem sich die Intrige mit Cherubino detailgerecht abspielen kann. Dabei zentral das Himmelbett der Gräfin, rechts das Fenster, aus dem Cherubino den Sprung wagt. Alles nicht gerade prunkvoll, aber gediegen. Im 3. Akt will Bechtolf mehr auf die DienerInnen des ja jetzt nun wichtiger werdenden 3.Standes eingehen. Es werden im oberen Stock die Küche mit Koch und ein angrenzender Zofen-Eßraum gezeigt, darunter ein größerer Weinkeller, in dem sich aber eigentlich nur der Graf (sic!) aufhält, nur Susanna trifft ihn hier an, um das Gartenrendenzvous zu vereinbaren. Im 4.Akt dann ein grauer Pavillon, davor links und re Versteckhäuschen. Es kommt hier aber keine spezifisch nächtlich romantische Atmosphäre auf, die den verliebten Stelldicheins adäquaten Rahmen bieten könnte.

Dan Ettinger hat die Tugenden der letzten 20 Jahre Figaro-Rezeption verinnerlicht und präsentiert eine ganz entschlackte flotte Herangehensweise an die „vielen Noten“ (Kaiser Joseph II., allerdings in Zusammenhang mit einer anderen Mozart-Oper) der Partitur. Besonders im 2. Akt beim immer virtuoseren Singen steht Ettinger nicht an, auch das Orchester (ganz in Laune: Wiener Philharmoniker) kräftig mitmischen zu lassen, brennt einige Feuerwerke im Graben ab, doch erweist sich letztendlich immer auch als sängerfreundlicher Begleiter.

 In den Kurzrollen treten Erik Anstine/Baß und Franz Supper /Tenor vorwiegend  in den Ensembles auf. Die Chorsolistinnen sind Martina Reder und Cornelia Sonnleithner. Christina Gansch ist eine groß gewachsene Barbarina und singt ihre Nadel-Arie mit feuriger Inbrunst und guter Kadenz. Paul Schweinester ist der schmierige Basilio und kann seinen filigranen Tenor besonders im Terzett gut präsentieren.  Carlos Chausson gibt einen ganz distinguierten Bartolo, der sich durch nichts, auch nicht seine plötzliche Vaterwerdung aus der Ruhe bringen lässt, dabei steht ihm ein geschmeidig koloraturfähiger Baßbariton zur Verfügung.

Ann Murray ist fast eine Luxusbesetzung für Marcellina. Sie macht ihren Part mit rot-ondulierter Kurzfrisur sehr gut. Der Cherubino Margarita Gritskova ist ein Phänomen. Der gut aussehende ‚Junge‘ charmiert mit seiner sehr konsistenten dabei silbrig klingenden Stimme, die sie auch sehr virtuos einsetzen kann. Ihre Ari(ett)en erscheinen wie kleine Juwelen im übrigen Operngewoge. Der Figaro ist Adam Plachetka mit voluminösem, dabei gut fokusiertem Baßbariton. Seine Arien klingen musikalisch sehr ausgereift. Die Susanna der Martina Jankova kann ein leichtes Flackern der an sich hübschen Stimme nicht leicht unter Kontrolle bringen, szenisch ist sie sehr agil. Die Gräfin Anett Fritsch macht ähnlich gute Figur und lässt einen schön aufblühenden Sopran vernehmen. Bemerkenswert auch der Aufbau ihrer Arie ‚Dove sono‘. Luca Pisaroni hat einen ganz edelfärbig timbrierten Baßbariton auf der Habenseite, was nicht nur in Arien-Duetten zum Ausdruck kommt, sondern auch in den nachdenklich bis heroischen Rezitativen/Hammmerklavier: Dan Ettinger/ versteht er, samt und voluminös sein Organ sprechen zu lassen.

Friedeon Rosén

 

 

 

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