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SALZBURG/ Festspiele: COSÌ FAN TUTTE – Symmetrie und Schleichen

24.08.2013 | KRITIKEN, Oper

Salzburger Festspiele: Così fan tutte am 23. 8. 2013

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Chappuis, Hartelius, Finlay, Jankova und Pisaroni (Foto Salzburger Festspiele)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Im „Haus für Mozart“, das nie ein solches war. Und heute Abend ein solches schon ganz und gar nicht.

Der Regisseur hat zwei Prinzipien: Symmetrie und Schleichen.

Alle schleichen, niemand weiß, warum. Mit der Zeit wird einem das zu dumm. Schleichhandel??

Symmetrie der Aktionen, der Bewegungen, der Stellungen. Die Charaktere haben verschiedenste Empfindungen und Motive, von da Ponte und Mozart höchst genial und differenziert verbalisiert und vertont. Die Regie jedoch zerstört jede Nuance, indem sie die SYMMETRIE zum Prinzip erhebt und daher jegliche Individualisierung der Charaktere unterbindet! Fiordiligi umarmt, dreht sich in Bodenlage, aber auch im Stehen, küsst auf die Wange links, dann rechts, gibt Händchen. Dorabella umarmt, dreht sich in Bodenlage, aber auch im Stehen, küsst auf die Wange links, dann rechts, gibt Händchen. Die Männer tun desgleichen, und immer, wobei es in der Szene mit den Todstellreflexen sogar legitim ist. Dass die Damen meistens auf dem Boden liegen, symmetrisch natürlich, ermüdet, ja ärgert mich. Cui bono.

Dass sich der Theaterregisseur wesentlich theatralische Effekte entgehen lässt, verstehe ich nicht. Despina als Dottore im weißen Nachthemd (!) „heilt“ mit einem fast unsichtbaren Staberl, das später in den Palmenuntertopf gesteckt wird. DR Messners Magnet bleibt auf der Stecke.

Die Slapstickeinlagen bewirken durchwegs eine Zerstörung und Missachtung der Mozartschen Wunder! Da ich nach dem 1. Akt flüchtete, kann ich vom kolportiert noch bedenklicheren 2. Akt Gott sei Dank leider nichts berichten!

Üblicherweise entschädigt die Musik meistens für die vertane Regie. Aber PRIMA LA MUSICA findet auch nicht statt. Eschenbach dirigiert zerfahren, inkonsequent, unsensibel- aber mit ganz großen Gesten! Kontakt zur Bühne nicht immer gut, teilweise spontan, aber unbegründet. Meine Meinung über ihn als Pianist hat sich bei seinem Dirigieren bestätigt. Wenn schon Welser- Möst absagte, ist ein solcher ERSATZ kein solcher!

Das Sängerensemble erfüllt keineswegs nur ANNÄHERND die Erwartungen, die man vom „besten Festival der Welt“ hat. Seit mehr als zwei Generationen habe ich keinen so unterbelichteten Ferrando ( der nur in der Reprise der ersten Arie zehn Takte lang mit ppp aufhorchen ließ) und keine so blasse Fiordiligi (Tiefe!) erleben müssen. Kaum Applaus nach dem ODEM DER LIEBE und der FELSENARIE sagt alles!

Festspielwürdig nur Despina, Alfonso und Guglielmo! Auch Dorabella mit einer beachtlichen Wahnsinnsarie.

Fazit: Meine „begnadete Angst“ vor dem restlichen da Ponte Mozart Zyklus unter demselben Regisseur!

Ferdinand Dreyer

 

 

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