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RETZ/NÖ/ Kirche/ Festival: DIE PILGER / „I Pellegrini al Sepolcro di Nostro Signore“ von Johann Adolph Hasse (1699 – 1783)

15.07.2018 | Oper

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Johann Adolph Hasse: DIE PILGER – Festival Retz, 14.Juli 2018

Das Festival Retz hat sich in den letzten Jahren zu einem Fixpunkt im Reigen der zahlreichen Kulturevents im (weiteren) Nahbereich von Wien entwickelt und ist aus dem kulturellen Kanon Niederösterreichs nicht mehr wegdenkbar. Und auch der Untertitel „Offene Grenzen“  und die Zusammenarbeit mit dem benachbarten Znojmo können gerade in aktuellen Zeiten nicht hoch genug geschätzt werden.

Im Zentrum des diesjährigen Festivals steht das Oratorium „Die Pilger“ – im Original „I Pellegrini al Sepolcro di Nostro Signore“-  des heute beinahe vergessenen divino Sassone Johann Adolph Hasse (1699 – 1783). Dirigent Andreas Schüller erläutert im Programmheft die Gründe für die Ausweitung des Werkes um Chöre aus dem Requiem in Es-Dur und dem Miserere in c-moll und bezieht sich dabei auch auf die historische  Aufführungspraxis als Pasticcio. Die Vermutung, dass das relativ kurze Oratorium – originale Spielzeit unter 90 Minuten – zu einem abendfüllenden Werk mit Pause erweitert werden sollte, liegt für mich näher. Schüller spricht ja auch davon, dass die Einbindung von im Original fehlenden Chören erst die angestrebte Kirchenoper ermöglicht hat.

Über die Inszenierung von Monika Steiner (Kostüme: Inge Stolterfohlt, Lichtdesign: Pepe Starman, Szenenfläche: Alexander Löffler) hat  Thomas Prochazka in seiner Besprechung der Premiere ausführlich geschrieben; ich kann mir eine Wiederholung daher sparen.

Musikalisch steht auch dieser Abend (Samstag, 14. Juli) auf überdurchschnittlich hohem Niveau. Nicht nur unter Berücksichtigung der nicht unproblematischen Klangverhältnisse der  Stadtpfarrkirche St.Stphan. Das auf Originalinstrumenten spielende ENSEMBLE CONTINUUM  unter der Leitung von Andreas Schüller bereitet den SängerInnen einen spätbarocken Klangteppich mit hörenswerten Continuo-Spielern.  Sehr gut auch das TERPSICHOREvokalensemble, dessen Mitglieder in dieser Inszenierung auch szenisch gefordert sind.

Aus dem Solistenquintett ragen (die seit ihrem Ausscheiden aus der Volksoper hier leider kaum erlebbare) Bernarda Bobro (Eugenia) und Manuela Leonhartsberger (Albino) heraus. Ellenlange Koloraturen  wie auch die immer wieder hohe Lage der Arien  bereiten Bernarda Bobro keine dem Besucher merkbaren Probleme; wie sie die Partie meistert, zeugt von Stilgefühl und hervorragender Stimmtechnik. Ihr ebenbürtig zeigt sich Manuela Leonhartsberger, die die Rolle in weniger als einer Woche vor der Premiere lernen musste. Dass die Hosenrolle des Albino wohl eher für einen Alt als für Mezzo gedacht ist, war in keiner Weise hörbar; die Tiefen der Partie meisterte sie mit Bravour. Mehr als hörenswert ist auch der Countertenor Nicholas Spanos in der Partie des Teotimo. Dieser Sänger ist eine hörenswerte Alternative zu manch anderen Vertretern dieser Stimmlage. Ursula Langmayr, der zweite Sopran des Werkes, gibt eine würdige wie stimmschöne Agapita; Stefan Zankl ist ein stimmgewaltiger Guida.

Wer seinen musikalischen Horizont erweitern möchte, dem ist die Fahrt nach Retz angeraten. Zwei Vorstellungen (20. Und 22. Juli) gibt es noch

Michael Koling   

 

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