- Juni 2016 Plovdiv Amphitheater ‚Der fliegende Holländer auf die Beine gestellt‘
Copyright: Plovdiv Amphitheater
Eine denkwürdige erste Aufführung der frühen Wagner Oper, mit dem gesamten Kollektiv der Plovdiver Oper und einem Strauss von Weltklasse Solisten unter der inspirierten und fesselnden musikalischen Leitung des Dirigenten Ivan Anguélov. Das gut gefüllte Amphitheater explodierte am Ende in Ovationen für alle Mitwirkenden.
Es war klar, dass Wagner die Herzen des Plovdiver Publikums nicht weniger berührte als italienische Meister wie Puccini und Verdi.
Hier ist die Arbeit der österreichischen Regisseurin MAGDALENA FUCHSBERGER anzuerkennen. Sie kreiert eine starke Magie mit drei Farben, zum dunklen Beginn Schwarz, Rot für die vernichtende Liebe sowie die Verwandlung in Weiß für die Reinigung und Vergebung.
Die junge Regisseurin im Team mit der Kostümbildnerin NIKI KOSTOVA und dem Video Designer ARON KITZIG bieten eine harmonische Serie von ausdrucksvollen Bildern, projiziert auf zwei Segel. Wie die Leitmotive des Holländers als Symbol des Geisterschiffes sich wiederholen, so erscheinen auch die Bilder auf den Leinwänden. Die Vorstellung gewinnt immer mehr an Dynamik und Expressivität und endet in einer starken Kulmination unterstützt von beeindruckenden Lichteffekten, die dem Publikum den Atem rauben.
Das alles in perfekter Synchronisation mit der emotionalen Entwicklung und Steigerung der Musik von Richard Wagner.
BOYAN SAVOV zeigt einen ausdrucksvollen und gutmütigen Kapitän, aber von der Gier gelenkt und deshalb bereit, seine schöne Tochter zu opfern – klanglich und szenisch eine gute Figur. Gratulation zu diesem Debüt des jungen Sängers in so einer schwierigen Oper.
Noch einmal haben wir das Glück, uns an der Stimme des dramatischen Tenors BOIKO ZVETANOV zu erfreuen, der ohne Zweifel zu den großen Sternen der bulgarischen Opernschule gehört. Er singt mit ausgeglichener und emotionalen Farben ausgestatteter Stimme, kämpferisch für die Liebe zu seiner Senta.
Von erfrischend szenischer Präsenz und schöner Stimme war der Auftritt des jungen australischen Tenors MARK FOWLER als Steuermann. Ein vielseitiges Talent, der in kurzer Zeit zu einem der Lieblingssänger der Plovdiver geworden ist.
Stark der Auftritt von VALERIA MIRTCHEVA, in Plovdiv bestens bekannt, als Mary im Zusammenspiel mit dem Damenchor, genauso wie der Herrenchor als treffliche Seemänner stimmlich und szenisch engagiert. (Chorleiter KONSTANTIN DOBROYKOV)
Das stark widersprüchliche und vielseitige Bild des Holländers war meisterlich umgesetzt von dem schwedischen Bariton KOSMA RANUER. Mit außergewöhnlich schöner Stimme, mit Tiefe und Helligkeit sowie respektvoller szenischer Darstellung. Sein Auftritt vom oberen Proszenium des Amphitheaters war so stark, dass er die Aufmerksamkeit des gesamten Publikums auf sich zog – eines der ausdrucksvollen Bilder der Regie.
Für mich war die Senta die stärkste Figur in dieser symbolträchtigen Oper – selbstlos, verrückt, glutvoll und opferbereit. Eine bessere Verkörperung als die schwedische Sopranistin ELISABET STRID, kann ich mir kaum vorstellen. Die Stimme ist gut balanciert, weich mit sehr schönem Timbre und viel Metall. Ich hatte das Glück, mit namhaften Wagner-Sängerinnen zu arbeiten, wie Janine Altmeyer, Alessandra Marc und andere, aber eine in allen Registern so ausgeglichene, schöne Stimme ist eine Entdeckung. Sie erfüllt die Figur der Senta auch äußerlich, wie man es sich nur wünschen kann und ist mit Recht zum Publikumsliebling in Plovdiv geworden.
Das Orchester der Staatsoper Plovdiv ist ein anpassungsfähiges Kollektiv mit schönem Klang und Homogenität. Schon von der großen virtuosen Ouvertüre mit sich steigernden Dramatik bis zur wegweisenden Kulmination hörte man einen ausgezeichneten Klangkörper. Plastische und virtuose Streicher, schöne Holzbläser und klangvolle Blechbläser. Bemerkenswert das Dirigat IVAN ANGUÉLOV. Er kennt die Oper perfekt und trägt souverän und mit klarer dramaturgischer Linie das Regiekonzept. Dabei begleitet er die Solisten flexibel mit Präzision. Die Aufführung endet in einem grandiosen Finale, das uns Gänsehaut bereitet.
Micho Dimitrov