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OPER GRAZ: Giacomo Puccini LA RONDINE

19.01.2017 | Oper
Fest im "Bullier" ".AKT La RONDINE

Fest im „Bullier“ 2.AKT   La Rondine   (Foto: Oper Graz/Werner Kmetitsch)

Oper Graz 
Giacomo Puccini  “LA RONDINE”
Premiere  12.Jänner 2017    Grazer Erstaufführung
Besuchte Vorstellung  18.Jänner 2017
3.Vorstellung in der Inszenierung von Rolando Villazón
Eine Produktion der Deutschen Oper Berlin

 

 Jungfernflug der Schwalbe in Graz

Leicht hatte es diese “Schwalbe” nicht, um auf die Welt zu kommen und flügge zu werden. Weil uneinig darüber, was und wie sie überhaupt aussehen sollte, sorgte daher Puccini selbst, dass auf keinem Fall der Wille der Erfinder aus Wien durchgesetzt wurde. (“Eine dünne Sache” so der Komponist über den ersten Entwurf einer Operette) Aus dem Operettensujet wurde eine echte Commedia lirica geboren, nachdem sich Giuseppe Adami des Librettos angenommen hatte. Trotzdem haftet dem Werk seit damals der Hautgout einer schlechten Operette an, der als Verleger diesmal nicht zum Zug gekommene Tito Ricordi nannte in unverhohlener Abneigung gegen den Luccheser Meister dessen jüngstes Werk “schlechten Lehár” und noch 2015, anläßlich der Berliner Aufführung dieser Produktion bezeichnete eine Kritikerin in Berlin das Ganze als “eine Oper, die Puccini auf dem Abstieg vom Zenith zeigt”.

Ständige Probleme mit Elvira, die in Dauereifersucht ihrem Mann hinterher hechelnde Gattin des Komponisten führte mehr als sonst zu Störungen bei der Herstellung des, was den Inhalt anlangt, relativ mageren Werkchens genauso, wie es der Ausbruch des Ersten Weltkriegs auftat, da die Sorgen des Meisters um seine pekuniären Quellen sich als durchaus berechtigt  erweisen sollten. Der Dreibundpartner Italien scherte aus, Puccini mußte seinen internationalen Verträgen zuliebe scheinbar apolitisch, aber gerade deswegen öfter angefeindet die politischen Situationen umschiffen.

Sieht man von der tatsächlichen Dürftigkeit der Handlung ab, die dieser musikalischen Komödie im Volksmund den Spottnamen “Traviata für Arme” eingetragen hat, so bietet sich bei deren Partitur letztlich doch unvergleichliche Musik im Stile Marke Puccini an, allerdings im oft ungewohnten Parlandostil, in kurzen Melodieansätzen und einer Menge an Eigen- und Fremdzitaten, aus denen jenes aus der Salome von Richard Strauß als recht witzig auffällt. Ja, man kann verstehen, was eine Kritik anläßlich der Berliner Auffürung dieser Villazon-Version attestierte, dass nämlich wegen des Fehlens großer dramatischer Momente eine verfeinerte und detailversessene Klangsprache Puccinis zu dessen wohl elegantester Partitur führte. Dem Hörer drängt sich obendrein auch ein richtiger Ohrwurm mit der wunderbaren Arie der Magda “Chi bel sogno di Doretta poté indovinar” auf.

Sie rettete vor drei Jahren die Premiere in Berlin und gestern Abend die Vorstellung in Graz:
Aurelia Florian sprang für die erkrankte Sophia Brommer als Magda ein, (in Berlin damals für Dinara Alieva). Ein in der Tiefe dunkel getönter Sopran in stückrelevant apartem Einsatz wurde mit feinen Höhen ergänzt, die nur Anfangs Schärfen zeigten. Eine distinguierte Dame jedenfalls, der man nicht ansah, welchem feinen Lebenswandel sie  eigentlich nachging und auch so sehr nachhing und sie dem Tenor von so viel Edelmut gepeinigt eine Enttäuschung zu ersparen versuchte. Zu spät, Ruggiero trauerte dramatisch und inbrünstig einen ganzen letzten Akt lang und wir trauerten mit ihm, denn Mickael Spadaccini hatte außer wenig ergiebiger Tiefe und Mittellage nur unorganisch im Forte herausgeschleuderte Höhen zu bieten, die für einige Verismo-Opern gereicht hätten. Von runder und ruhiger Gesangslinie keine Spur. Perfektioniert (sic!) hat sich der Sänger laut Programmangabe bei Mirella Freni und Carlo Bergonzi, die einzige Erinnerung daran waren wohl jene, einige Male ins Piano zurück genommenen Phrasen.

Als Lisette konnte Tatyana Mijus gefallen, ebenso Pavel Petrov als Prunier, sie ergänzten quirlig aber trotzdem schönstimmig das Quartett der Hauptrollen. Wilfried Zelinka, der noble Bassbariton an der Spitze sei stellvertretend für das gesamte spielfreudige Hausensemble genannt und gelobt bis hin zu Konstantin Sfiris als Haushofmeister. Über den Chor-und Extrachor hinsichtlich dessen Musikalität zu schwärmen und der Statisterie der Oper Graz über dessen Spielfreude ein Sonderlob auszuschütten, das ist ja schon selbstverständlich, der zweite Akt lebte von deren Können.

Und mit dem Dirigenten Marius Burkert hat die Grazer Oper einen guten Fang gemacht, ist er doch in Wien geboren, aufgewachsen und musikalisch ausgebildet in seiner Heimatstadt und mit seinen Dirigaten beim Lehár-Festival erst recht nah bei Puccini mit dessen Vorliebe für diesen österreichischen Komponisten.

Auffallend altmodische Personenführung im Ambiente einer Ausstattung, die man in Berlin teilweise als verstaubt und als vom Depot aussortiert bezeichnet hat. Tatsächlich ist die Führung der Darsteller und des Chores und der Statisterie von Rolando Villazón detailreich, durchdacht und lebendig, der Gedanke mit den abgelegten Liebhabern in Vollmaskierung passend. Johannes Leiacker hat die stimmungsvolle Bühne und vor allem Brigitte Reiffenstuel die Original wirkende Kostümschau geschaffen.

 

Fazit: Ein seltenes Werk, welches immerhin die Handschrift eines der ganz Großen der Opernkomponisten trägt, ist in sehr guter Umsetzung zu erleben. Es zahlt sich aus. Für Puccini-Fans und für Sammler!

 

Peter Skorepa
MERKEROnline

 

 

 

 

 

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