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NEW YORK/ WIEN/ Die Met im Kino: THE MERRY WIDOW /Die lustige Witwe

18.01.2015 | Operette/Musical

17.01.2015   MET/Kino   „The Merry Widow“

Aus Rücksichtnahme vor dem großen Operettenkomponisten Franz Lehar soll der Titel in englischer Sprache geschrieben bleiben. Was die MET in punkto Operette zu bieten hatte, war leider sehr mangelhaft. Zuerst das Positive: Das Bühnenbild von Julian Crouch und die Kostüme von William Ivey Long waren vorbildlich, schön und kostbar, einfach passend. Die Inszenierung von Susan Stroman kämpfte vergeblich gegen das größte Manko der Aufführung, der Sprache. Rampen-, Geh- und Stehtheater könnte man noch hinnehmen, aber sobald gesungen wird, kommt einem das Werk wie ein mittelmäßiges, altmodisches Musical vor. Es ist sicher schwer, für Schlager wie „Lippen schweigen“ oder „Da geh ich ins Maxim“ adäquate englische Texte zu formulieren, aber wenn dafür so wenig Mühe wie bei dieser Produktion  investiert wird, muss das Ergebnis miserabel sein. Ganz schlimm dann noch die Rück-Übersetzung ins Deutsche, das klang dann so ähnlich wie das Strafgesetzbuch.

Leider war es auch – vielleicht gerade deshalb – gesanglich nicht zum Besten bestellt. In der Titelrolle versuchte Rene Fleming, ihre große Bühnenerfahrung aus dem Opernalltag einzusetzen, die schöne und warm klingende Stimme war aber zu webig flexibel, zu schwer für diese Partie. Das Vilja-Lied endete auch nicht lupenrein, selbst die Draufgabe zum Schluss („Liebe, du Himmel auf Erden“, aus der Operette „Paganini entlehnt) konnte nicht voll befriedigen. Nathan Gunn, ein ausgezeichneter Bariton, dessen markige Stimme bisweilen an Hermann Prey erinnert, bemühte sich redlich und vergeblich, den Danilo als leichtsinnigen Lebemann darzustellen. Es liegen allerdings Welten zwischen ihm und den Legenden Wächter, Schock, Serafin und Heesters, um nur einige zu nennen. Aus dem Ensemble ragte eigentlich nur Kelli O’Hara als Valencienne heraus. Ihr frischer und sauber geführter Sopran und ihr unbekümmert munteres Spiel wäre auch für jede europäische Operettenproduktion ein Haupttreffer. Alek Shrader mühte sich mit der gesanglich schwierigen Rolle des Rosillon ab, die Höhen klangen ziemlich dünn und gepresst. Die Rolle des Negus war auch nicht zufriedenstellend besetzt, man hatte wohl keinen Charakterkomiker an der Hand.

 Das Orchester, merkbar in dieser Kunstgattung nicht sehr sattelfest, absolvierte unter der Leitung von Sir Andrew Davis schon die Ouvertüre im Stile einer preußischen Militärkapelle, da konnte sich die notwendige Walzerseligkeit nicht einstellen.

Fazit: Jede Wiener Vorstellung der „Lustigen Witwe“ ist dieser teuren Produktion vorzuziehen. 

Johannes Marksteiner

 

 

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