21.01.2017 MET/Kino „Romeo et Juliette“
Mitunter können technische Pannen die Qualität einer Opernaufführung beträchtlich zu mindern: Der erste Akt dieser Neuproduktion (Premiere 31.Dezember) wurde mit einer Höllenlautstärke übertragen, dass man dem Gesang – hier kam Diana Damrau ziemlich unsanft zum Handkuss – nur mit eingerollten Ohren aushalten konnte, der letzte Akt wurde durch starke Ton- und Bildstörungen verunstaltet.
Um den Abend zu retten, war eine hervorragende musikalische Darbietung nötig. Diese wurde zum großen Teil geboten, weil vor allem das Liebespaar eine Klasse für sich war. Diese offensichtliche Harmonie der beiden, das perfekte Zusammenspiel und die gesangliche Übereinstimmung waren beeindruckend. Obwohl beide natürlich nicht dem Alter der Liebenden in Shakespeares Stück entsprechen, war ihr Auftreten von erfrischender Lebendigkeit, nie peinlich und stets glaubwürdig. Diana Damrau als Julia konnte ihr großes schauspielerisches Können einsetzen und die wechselnde Stimmungslage des jungen Mädchens perfekt darstellen. Stimmlich konnte sie in den Duetten bestens reüssieren, die lyrischen, zarten Passagen sind nicht unbedingt ihre Stärke, das hörte man ihr leichtes Vibrato zu deutlich. Vittorio Grigolo sang den Romeo mit viel Schmelz und sicherer Höhe. Er wirkte quicklebendig und spielte den jungen Draufgänger gekonnt. Die Nahaufnahmen zeigten schonungslos, wie anspruchsvoll diese Rolle auch für einen Klassesänger ist. Mikhail Petrenko war ein hervorragender Vertreter der tiefen Stimmlagen, sein markiger Bass war für die Rolle des Frere Laurent ideal. Auch Virginie Verrez als Stephano ließ mit ihrer schönen Mezzostimme aufhorchen. Recht wacker schlug sich – zumindest stimmlich – Elliott Madore als Mercutio, er war mit seiner kräftigen Stimme ein Turm in der Schlacht zwischen den beiden Familien.
Gianandrea Noseda leitete das nicht immer präzise spielende Orchester der MET mit viel Umsicht, einige leicht verschwommen gespielte Passagen konnte er freilich nicht verhindern. Enttäuschen sang – wie schon zuletzt bei Nabucco – der Chor. Möglicherweise war dieses Mal die übersteuerte Übertragung des ersten Aktes mitschuldig. Die Inszenierung von Bartlett Sher war unauffällig und dem Stück angepasst. Das düstere Bühnenbild von Michael Yeargens wurde durch die prächtigen Kostüme Catherine Zubers aufgelockert. In das sonst eher zurückhaltende Publikum hat man durch das Engagement eines lautstarken Bravo-Rufers (???) für viel Bewegung und Lebendigkeit gesorgt, an diesem Abend kein Fehler.
Johannes Marksteiner