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NEW YORK / Wien – Die Met im Kino: NABUCCO

Die  MET im Kino: NABUCCO – 7.1.2017

Zwei Altmeister belebten eine Altproduktion der MET. Die Inszenierung von Elijah Moshinsky könnte man zeitlos nennen, der Regisseur bemühte sich, die Intentionen Verdis und Soleras zu erfüllen, die historische Komponente des Werkes, der religiöse Konflikt Israels mit Babylon in den Vordergrund zu rücken – ein erfreulich gelungener Versuch. Kostüme (Andreane Neofitou) und Bühnenbild (John Napier) könnten auch bei „Aida“ eingesetzt werden, vor allem die Kostüme sind etwas zu prunkvoll – bei den beiden Damen auch etwas knapp bemessen und nicht sehr vorteilhaft. Liudmyla Monastyrska hatte als Abigail ihre liebe Not mit den Spitzentönen, ihre durchschlagskräftige Stimme wäre eigentlich ideal für diese Rolle. Jamie Barton sang die Fenena mit einfühlsamem Mezzo, das Schicksal der Königstochter konnte sie aber nicht glaubwürdig darstellen. Ein guter Tenor stellte sich als Ismaele vor: Russell Thomas. Für diese undankbare Rolle wird selten ein so hervorragender Sänger eingesetzt, sein fast heldisches Timbre lässt große Erwartungen zu. Dmitry Belosselskiy wäre ein idealer Zaccaria, käme zu seiner prächtigen Mittellage noch eine profunde Tiefe, gepaart mit sicheren Spitzentönen. Allerdings schien er leicht indisponiert, sodass eine gerechte Beurteilung seiner Leistung nicht möglich scheint. Der Chor, in dieser Oper besonders wichtig, war nicht optimal vorbereitet, da gab es zu viele unsaubere Stellen, die zum Teil auch durch ungünstig platzierte Mikrofone verstärkt wurden.

Es bleiben also die beiden Garanten für große Oper: James Levine und Placido Domingo. Der Dirigent bewies erneut, dass er zu den besten Operndirigenten der Gegenwart zählt. Wie er es schafft, das  auch unter anderer Leitung hervorragend spielende Orchester zu leiten – im wahren Sinn des Wortes, denn keiner geht so akkurat mit seinen Musikern um, versucht, jeden einzelnen so behutsam zu führen, dass am Ende eine fast perfekte Wiedergabe des Meisterwerkes zu vernehmen ist, ist schlicht sensationell. Domingo muss man zu seiner intensiven Interpretation des erst despotischen, dann geläuterten Herrschers gratulieren. Auch wenn man die Zahl der Dienstjahre nicht in Rechnung stellt, ist es bewundernswert, wie großartig er auch diese Rolle verkörpert. Seine große Routine macht es ihm möglich, auch heikle Stellen bravourös zu meistern, wie zum Beispiel seine große Arie im vierten Akt, die er liegend singen musste.

Das neue Jahr hat mit einer mehr als soliden Opernaufführung gut begonnen. 

Johannes Marksteiner