03.10.2015 MET/Kino „Der Troubadour“
Die gute Nachricht zuerst: Regisseur David Mc Vicar vermied es, „Il Trovatore“ in einem Museum oder in einer Raffinerie anzusiedeln. Er und sein Leading Team (Charles Edwards – Bühnenbild, Brigitte Reiffenstuel – Kostüme) sorgten für den dezenten Rahmen für die angeblich so unverständliche Handlung. Die Personenführung war nicht (mehr) sehr straff, viel Zeit für Proben dürfte es auch nicht gegeben haben, aber eine relativ betagte Produktion läuft ja auch bei uns relativ problemlos, wenn routiniertes Personal zur Verfügung steht.
Anna Netrebko sang die Leonora wie auch schon in Salzburg mit gut geführtem Sopran, der vor allem in der Mittellage am besten zur Geltung kam. Bei den Spitzentönen agierte sie äußerst ökonomisch. Dmitri Hvorostovsky als Luna war eine Klasse für sich, sein Bariton klang vor allem in den Duetten und Ensembleszenen am besten. Ein Nobelschurke wie aus dem Lehrbuch. Dolora Zajick sang die Azucena mit sehr viel Routine, ihre Stimme ist nach wie vor beeindruckend, was Kraft und Intonationssicherheit betrifft. Auch Stefan Kocan konnte in der Rolle des Ferrando gefallen, mit rauem Bass war er für diese Partie ideal.
Damit sind die Positiva des Abends leider schon aufgezählt, denn die Titelrolle wurde vom koreanischen Tenor Yonghoon Lee nicht adäquat wiedergegeben. Sehr hölzern im Spiel, bar jeglicher Emotion, recht temperamentlos sang er wohl seinen Part mit Anstand, aber die an sich höhensichere Stimme kam großen Vorbildern der Vergangenheit in keiner Weise nahe. Der Chor, eigentlich stets Stütze des Hauses, wirkte auch ziemlich unkonzentriert und verwackelte so manchen Einsatz. Marco Armiliato am Pult sorgte wohl für den klaglosen Ablauf der Aufführung, bisweilen hätte etwas mehr Feuer nicht geschadet, das gut disponierte Orchester hätte etwas mehr Schwung vertragen. Der Star kam, sah und siegte beim Publikum, aber für den Superlativ „Sternstunde“ reichte es nicht.
Johannes Marksteiner