Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

MÜNCHEN/ Prinzregententheater: GIUDITTA von F. Lehár – konzertant

23.01.2012 | KRITIKEN, Oper

München, Prinzregententheater, Franz Lehár, „GIUDITTA“, konzertant, 22.1.2012

Zum Abschluss seines mehrjährigen Lehár-Zyklus präsentierte das Münchner Rundfunkorchester unter Ulf Schirmer Franz Lehárs letztes Werk „Giuditta“. Am 20.1.1934 an der Wiener Staatsoper uraufgeführt, zieht der Komponist hier noch einmal alle Register: Ein „Schlager“ nach dem anderen, ob „Meine Lippen sie küssen so heiß“, „In einem Meer von Liebe möchte ich versinken“ oder die tenorale Glanznummer „Freunde, das Leben ist lebenswert“, sie alle sind längst Standardrepertoire von Wunschkonzerten und werden selbst von Leuten erkannt, die nie in eine Operette gehen würden und schon gar nicht die ganze Giuditta kennen. Auch als Operettenliebhaberin registriert man verblüfft die Fülle an Melodien und Einfällen. So mancher heutige Musical-„Komponist“ würde daraus mehrere abendfüllende Werke machen, wenn, ja, wenn ihm nur halb so viel einfiele wie einst Meister Lehár.  Natürlich stellt eine Aufführung dieser „musikalischen Komödie in fünf Bildern“ – wie bei diversen anderen Lehárschen Werken – hohe Ansprüche an Orchester und Sänger. Denn der Komponist, der ja immer eine Oper schreiben wollte und seinen Freund Puccini bewunderte (und der ihn…), spart auch in „Giuditta“ nicht an üppiger Orchestrierung. Die „Schlager“ sind große Opernarien, vor allem beim Liebespaar.

Dieses war luxuriös besetzt mit einer grandiosen Christiane Libor in der Titelrolle und dem ebenso exzellenten Nikolai Schukoff als Octavio. Christiane Libors riesige, an Senta und Jenufa erprobte, Stimme bewältigte mühelos die großen Arien, gestaltete bewegend diese sich ganz der Liebe Ergebende, ihr ausdrucksvoller Sopran kennt keine Schärfen, ist biegsam und warm – ein Glücksfall. Ihr zur Seite Nikolai Schukoff, auch er Wagner-erprobt. Er gebietet nicht nur über heldentenorale Töne, sondern auch über eine schön-timbrierte Stimme mit wunderbarem Schmelz und ergreifenden piani. Ebenso wie Christiane Libor ging auch er ganz in der Rolle und im angedeuteten Spiel auf. Da vergaß man ganz, dass es sich „nur“ um eine konzertante Aufführung in Frack und Abendkleidung handelte. Leider wurde das Glück auf weiten Strecken getrübt durch Dirigent Ulf Schirmer, der – wieder einmal – zu laut war. Selbst die großen Stimmen der Sänger vermochten manchmal nur mühsam durch die Orchestermassen zu dringen. Dabei kann das Münchner Rundfunkorchester eigentlich auch ganz anders.

Das übrige Bühnenpersonal hinterließ gemischte Eindrücke: Laura Scherwitzl als Anita hatte offenbar nicht ihren besten Abend, der Sopran klang elegentlich grell und die Intonation ließ auch Wünsche offen. Ihr Partner Ralf Simon (Pierrino) dagegen hat einen schönen lyrischen Tenor und den gewissen Dreh für die Operette. Nicht ganz so schönstimmig Rupert Bergmann, der als Giudittas Ehemann Manuele im Dialog zwar herrlich zetern konnte, sein rauer Bassbariton erfreut aber nicht unbedingt die Ohren. Mauro Peter (Tenor) und Christian Eberl (Bariton) sangen und spielten abwechselnd einige der kleineren Rollen (Wirt, Straßensänger etc.).

Schließlich noch der Chor des Bayerischen Rundfunks, klangmächtig, textverständlich und sangesselig.

 So qualitätvoll musiziert wünscht man sich Operette, dann kann sie ihren ganzen Zauber entfalten – sogar konzertant. Und für die Nicht-Dabeigewesenen gibt es demnächst bei cpo einen Mitschnitt.

 Jakobine Kempkens

 

Diese Seite drucken