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MÜNCHEN/ Bayerische Staatsoper: LES CONTES D’HOFFMANN

30.05.2013 | KRITIKEN, Oper

MÜNCHEN, Bayerische Staatsoper, Jacques Offenbach, „LES CONTES D‘ HOFFMANN“, 29.5.2013

Ein sehr guter Repertoireabend vor einem leider recht reservierten Publikum. Zwar ist die Inszenierung von Richard Jones keinen Aufreger wert, aber die zum Teil sehr guten Leistungen einiger Solisten wären doch etwas mehr als nur den (wie so oft) sehr kurzen Schlussapplaus wert gewesen. Aber offenbar trifft sich in der Bayerischen Staatsoper inzwischen eher das saturierte „Genießerpublikum“, für das Oper lediglich eine Form der gepflegten Unterhaltung ist? Schade für die Sänger und für Meister Offenbach, dessen mitreißende Melodien von Emmanuel Villaume und dem Bayerischen Staatsorchester bravourös musiziert wurden.

Die drei Sängerinnen der einen Traumfrau waren jede für sich hervorragend: Kathleen Kim als perlende Koloraturen verströmende Olympia, über deren Puppen-Gelenkigkeit man nur staunen konnte. Wer nicht genau hinschaute, vermochte kaum zu unterscheiden zwischen Marionette und echter Sängerin. Olga Mykytenko als strahlende, sich verzehrende Antonia und Dinara Alieva, die mit üppigem Sopran singende Giulietta. Diese Facetten einer Idealfrau bevölkern Hoffmanns Traum oder besser sein Wodka-Delirium (denn in dieser Inszenierung reichen von Niklausse bis zur Souffleuse dem Titelhelden unentwegt das benötigte Wässerchen…). Der depressiv-verzweifelte Künstler findet rein äußerlich in Giuseppe Filianoti eine ideale Verkörperung: Schlank, mit fein geschnittenem, blassen Gesicht, wie aus einem Gemälde der Romantik entstiegen. Auch stimmlich blieb fast kein Wunsch offen. Filianoti singt mit weicher, aber tragender Stimme, fast mühelos, ein paar kleinere Anstrengungen stützte der hervorragende Kapellmeister Emmanuel Villaume freundlich ab. Hoffmanns Gegenspieler war John Relyea als Lindorf/Coppélius/Dapertutto/Miracle, dessen schwarzer Bassbariton schon vom ersten Ton an bedrohlich wirkt. In der Maske zwischen Dr. Jekyll und elegantem Bösewicht verkörpert er den Teufel schlechthin und dominiert die Szene. Bei Dapertuttos berühmter Spiegelarie fehlten ihm allerdings ein wenig die hohen Töne.

Von denen genug hat Tara Erraught. Dafür mangelt es bei ihr an der satten, warmen Tiefe, besonders schmerzlich vermisst bei der Barcarole. Da war Erraught neben der glutvoll dunkel singenden Dinara Alieva gar nicht mehr zu hören. Darüberhinaus lassen die ungünstigen kurzen Hosen + Schnürstiefel (Kostüme: Buki Shiff) die Sängerin eher wie einen Schulbub, denn wie eine Muse aussehen.

Nicht vergessen werden dürfen zwei bewährte und immer wieder erfreuende Stützen des Ensembles: Kevin Conners als hinreißender Cochenille/Pitichinaccio/Frantz und Ulrich Reß als Spalanzani. Beiden Sängern gelingt es seit vielen Jahren, auch in den abenteuerlichsten Verkleidungen glaubwürdig und wiedererkennbar aufzutreten. Selbst bei kleinen Rollen freut man sich, den Beiden zuzusehen und zuzuhören.

 Jakobine Kempkens

 

 

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