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MÜNCHEN/ Schloss Nymphenburg: KASPAR HAUSER – sehenswerters Pasticcio mit Schubert-Musik

07.09.2014 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Sehenswertes Pasticcio mit SchubertMusik: „Kaspar Hauser“ im Schloss Nymphenburg in München (Vorstellung: 6. 9.2014)

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Als Kaspar Hauser brillierte der portugiesische Bariton André Baleiro – Szene mit der Sopranistin Katharina Konradi (Foto: Kammeroper München)

 Die Kammeroper München brachte auch heuer im Hubertussaal des Schlosses Nymphenburg eine sehens- und hörenswerte Oper zur Aufführung: „Kaspar Hauser“ – Ein Traumspiel mit Musik von Franz Schubert. Aus der Fülle seines kompositorischen Schaffens wurde ein Pasticcio (Arrangement: Alexander Krampe) zur Person des Findlings Kaspar Hauser geschaffen, dessen wahre Herkunft nie geklärt werden konnte. Als musikalisches Material dienten neben Melodien aus Schuberts Lazarus-Oratorium und Liedern auch Ausschnitte aus seinen Opern, wobei der Kammeroper München musikalische Entdeckungen von besonderem Reiz gelangen.

Die Idee zu diesem „Traumspiel“ hatte Dominik Wilgenbus, der auch das Libretto verfasste und Regie führte. In zwei Stunden brachte er den Tag der letzten Wanderung von Kaspar Hauser auf die Bühne, der am Pfingstmontag 1828 im Alter von etwa 16 Jahren aus dem Nichts in Nürnberg auftauchte. Er trug einen an Rittmeister Friedrich von Wessenig adressierten Brief eines anonymen Verfassers bei sich, der ihn als armen Taglöhner ausgibt. Das Stück schildert Kaspar Hausers letzten Tag in Ansbach am 14. Dezember 1833, als er sich auf dem Weg zum Appellationsgericht befindet, wo er eine Gelegenheitsstelle als Schreiber innehat. In kurzen Szenen werden sein Leben in den vergangenen fünf Jahren, aber auch seine Träume geschildert, in denen er sich als Erbprinz von Baden sieht. Um 15 Uhr ist er im Hofgarten mit einem Unbekannten verabredet, der ihm seine wahre Herkunft und seine wahre Identität enthüllen will. Bei diesem Treffen wird er Opfer eines Attentats und erleidet zahlreiche Stichverletzungen, an denen er drei Tage später stirbt.

Regisseur Dominik Wilgenbus schuf eine packende Inszenierung, mit der er seine „Theaterpranke“ wieder unter Beweis stellte. Exzellent seine Personenführung, mit der er das ausgewogene Sängerensemble über so manche Klippe zu führen verstand. Ein drehbares quadratisches Stahlgerüst (Bühnenbild: Udo Vollmer), das einzige Requisit auf der kleinen Spielfläche vor dem Orchester, diente dem Ensemble als „Turngerät“, wodurch es stets in Bewegung blieb. Die sehr gut passenden Kostüme aus dem 19. Jahrhundert entwarf  Katharina Ralf, für die kreative Lichtregie sorgte Wolfgang Förster.

In der Titelrolle beeindruckte der portugiesische Bariton André Baleiro sowohl stimmlich wie auch darstellerisch. Er verstand es meisterhaft, das schlichte Wesen von Kaspar Hauser darzustellen, berührend seine linkische Art und sein oft starrer Blick. Alle weiteren Sängerinnen und Sänger des Ensembles hatten jeweils bis zu acht Rollen zu spielen. Stimmlich herausragend die junge Sopranistin Katharina Konradi aus Kirgistan, deren glockenreine, höhensichere Stimme begeisterte. Auf ihre weitere Karriere darf man gespannt sein. Ausdrucksstark auch die Altistin Aline Kostrewa, die besonders in der Hosenrolle als Lord Henry Stanhope  brillierte.

Gut auch der Südtiroler Tenor Thomas Huber, dessen Aussehen frappant an Franz Schubert erinnerte und der jede seiner sieben Rollen zu gestalten wusste. Stimmlich ausdrucksstark der Bariton Philipp Jekal aus Dessau, der insbesondere als Froschkönig und als Leutnant Hickel gefallen konnte. Zu der soliden Leistung des Sängerensembles trugen auch die hübsche Mezzosopranistin Florence Lousseau und der Bass Clemens Joswig bei.

 Das zehnköpfige Orchester der Kammeroper München brachte unter der Leitung von dem in Kuwait als Sohn deutsch-ägyptischer Eltern geborenen Dirigenten Nabil Shehata die traumhaften Melodien von Franz Schubert exzellent zum Erklingen und bescherte so dem begeisterten Publikum einen musikalisch wunderbaren Abend. Die Zuschauerinnen und Zuschauer dankten allen Mitwirkenden mit nicht enden wollendem Beifall und – wie in München üblich – mit lautstarkem „Fuß-Getrampel“.

  

Udo Pacolt

 

 

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