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MÜNCHEN/ Opernfestspiele der Bayerische Staatsoper: Oper für alle – „TANNHÄUSER“

München: Opernfestspiele der Bayerische Staatsoper: Oper für alle – „TANNHÄUSER“, 09.07.2017:

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Das Ballett der Bayerischen Staatsoper. Copyright: Wilfried Hösl

Auch in diesem Jahr strömte wieder eine große Zahl musikbegeisterter Münchner auf den Max-Joseph-Platz vor dem Nationaltheater, um bei der alljährlichen „Oper für alle“ dabei zu sein, auch wenn mit „Tannhäuser“ nicht gerade leichte Kost geboten wurde. Tapfer trotzten die meisten Besucher auch drei heftigen Regengüssen und jubelten am Ende Sängern und Dirigent, die zum Applaus traditionell vor den Haupteingang treten, begeistert zu.

Im Nationaltheater hatte es kurz zuvor regelrechte Beifallsstürme für diese hervorragende Vorstellung gegeben. Kirill Petrenkos Dirigat ist seit der Permierenserie etwas emotionaler und ausgelassener geworden, nicht jedoch zügellos oder unkontrolliert. Das Spiel des Orchesters war nach wie vor von großer Eleganz und Transparenz, was den mehrheitlich hell gefärbten Stimmen der Sängersolisten sehr zugute kam.

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Klaus Florian Vogt als „Tannhäuser. Copyright: Wilfried Hösl

An Klaus FlorianVogts Tannhäuser schieden sich nach der Vorstellung in den sozialen Netzwerken ein wenig die Geister. Aus meiner Sicht ist er allerdings ein idealer Interpret der Titelfigur. Seine helle, klare, kraftvolle und strahlende Stimme klang durch und durch heldisch, mühelos schwebt sie zu jeder Zeit über dem Orchester. Die lyrischen Passagen sang er innig und berührend. In der Romerzählung waren keinerlei Konditionsschwierigkeiten zu bemerken, sondern Vogt gestaltete sie hochsouverän, differenziert und absolut überzeugend. Darstellerisch konnte er die verschiedenen Facetten seiner Figur voll zum Ausdruck bringen. Vom selbstbewussten, seinen Mitstreitern lässig überlegenen Helden wandelte er sich zu einem zutiefst schuldbewussten, gebrochenen Mann, dem nach der niederschmetternden und verbitternden Ablehnung durch den Papst doch noch die Erlösung zuteil wird. Die Zuschauer im Saal waren von Klaus Florian Vogts Interpretation begeistert und sie bedachten ihn zusammen mit Kirill Petrenko mit dem größten Applaus des Abends.

Auch die übrigen Solisten des Abends waren allesamt hervorragend. Anja Harteros war eine warmherzige und noble Elisabeth. Mit ihrem innigen, mal eindringlichen, mal zarten Gesang berührte sie das Publikum tief. Christian Gerhaher war ein Wolfram, der sehr deutlich in Elisabeth verliebt ist und sichtbar darunter leidet, dass ihr Herz ausschließlich für Tannhäuser schlägt, selbst als der sich der größtmöglichen Sünde schuldig gemacht hat. Auch gesanglich bot er eine hochsouveräne Leistung. Die leichten Manierismen aus der Premierenserie hatte er vollständig abgelegt, was sicher auch daran lag, dass Kirill Petrenko ein nicht mehr ganz so langsames Tempo für ihn gewählt hatte. Elena Pankratova sang die Venus glutvoll und sinnlich, was in der äußeren Umgebung des Haut- und Fleischberges, in dem sie steckt, sicher nicht leicht war. Georg Zeppenfeld zeigte als Landgraf wieder einmal seine bezwingende Bühnenpräsenz und seine musikalische wie schauspielerische Gestaltungskraft.

Auch der Chor der Bayerischen Staatsoper sowie die übrigen Solisten zeigten sich allesamt in hervorragender Form. Bei diesem sängerischen Niveau konnte man die aus abstrakten Gedankengebilden bestehende, in großen Teilen unverständliche Inszenierung von Romeo Castellucci fast gänzlich ausblenden und sie quasi als ästhetisch ansprechende Grundlage für musikalischen Hochgenuss nutzen. Diese Aufführung war sicherlich einer der Höhepunkte der diesjährigen Festspiele.

Gisela Schmöger