Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

MÜNCHEN/ Nationaltheater: BAYERISCHES STAATSORCHESTER unter Kirill Petrenko

21.02.2021 | Konzert/Liederabende

Live-Stream: Bayerisches Staatsorchester unter Kirill Petrenko am 20. 2. 2021 im Nationaltheater/MÜNCHEN

Viel elastische Energie

Das war eine spannende Rückkehr des früheren Generalmusikdirektors an seinen alten Arbeitsplatz. Unter der Leitung von Kirill Petrenko überzeugte das Bayerische Staatsorchester bei Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 1 in C-Dur op. 21 mit spieltechnischer Leichtigkeit und elastischer Energie.

Die Eigenheit Beethovens trat bei dieser interessanten Wiedergabe jedenfalls deutlich in Erscheinung. Der mehrfach verankerte Halbtonschritt der Anfangsakkorde wirkte sogleich elektrisierend, so dass sich das rhythmisch prägnante Hauptthema in eindringlicher Weise entfalten konnte. Linie und Stoßkraft des Themas zeigten jedenfalls starke Wirkungskraft. Oboe und Flöte spielten sich graziös das Seitenthema zu – und die lyrische Variante wurde einfühlsam gestaltet. Im Durchführungsteil arbeitete das Bayerische Staatsorchester gewissenhaft den Hauptgedanken heraus, zuweilen kamen sogar Assoziationen zu Beethovens f-Moll-Klaviersonate  auf. Im strahlenden Abschluss leuchtete dann nochmals das Thema hervor. Die Melodie des Andante cantabile con moto erschien dann recht schlicht und ruhig, das deutete auch der Halbtonschritt an. Die durchsichtige Instrumentation schimmerte hier oftmals in reizvoller Weise hervor. Ganz besonders fiel dies beim Spiel der Flöten und Violinen über dem Rhythmus der Pauke auf.

Den dritten Satz fasste Kirill Petrenko in jedem Fall als dynamisch federndes Scherzo auf, dessen schwungvolles Thema dem blasseren Trio Platz machte.  An Joyseph Haydn erinnerte dann deutlich das Finale mit seinem ausgesprochen munteren Violin-Thema. In der Durchführung erreichten die rhythmischen Veränderungen einen weiteren Höhepunkt. Mit Trompetengeschmetter endete dieser atemlos musizierte Satz. Anschließend war Dmitri Schostakowitschs erste Sinfonie in f-Moll op. 10 zu hören, ein unglaublich reifes Frühwerk des erst 18jährigen  Komponisten. Dieses Werk wurde bald nach seiner Uraufführung im Jahre 1926 von den prominentesten Dirigenten der Welt interpretiert. Kirill Petrenko machte schon in der Allegretto-Einleitung deutlich, mit welcher Meisterschaft hier das gesamte Themenmaterial zum Vorschein kommt. Und das Trompetensignal wirkte ausgesprochen alarmierend. Bizarre und unruhig-marionettenhafte Momente blitzten dabei immer wieder grell auf, dies bewies auch der zünftige Marsch mit seinem ersten Thema. Die dynamischen Kontrasteffekte kamen bei dieser hervorragenden Wiedergabe mit dem Bayerischen Staatsorchester sehr gut zur Wirkung. Witz und Ironie beherrschte den zweiten Allegro-Satz im Stil eines munteren Gassenhauers. Man dachte tatsächlich an einen Steppenfluss. Ausgezeichnet wurde auch die lyrische Bewegung des dritten Satzes herausgearbeitet, dessen intensives Oboen-Thema im Gedächtnis blieb. Im Largo-Teil war dann verhaltene Trauer herauszuhören. Streicher und Holzbläser machten bald wieder der Trompete Platz, die Celli sorgten sogar für einen schwebend-sphärenhaften Ausklang. Das pathetische Lento des Finales wirkte ebenfalls sehr ausdrucksstark, weil sich auch das drängende Klarinettenthema bestens entfalten konnte. Der temperamentvolle Schwung dieses Satzes ließ sogar an Tschaikowsky denken. Harte Paukenschläge läuteten energisch die Schlusstakte ein, die plötzlich verhallten. Die Largo-Welt beschwor zuletzt ein wahrhaft hymnisches Thema. Und ungeahnte Energien entfachten einen unerhörten Sturm der Leidenschaft.    

Alexander Walther 

 

Diese Seite drucken