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MÜNCHEN/ Gärtnerplatztheater: MARTHA von Friedrich von Flotow

16.11.2017 | Oper

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Auf dem Markt zu Richmond: Holger Ohlmann (Plumkett), Ann-Katrin Naidu (Nancy), Jennifer O’Loughlin (Martha) und Alexandros Tsilogiannis (Lyonel). Copyright: Christian POGO Zach

Gärtnerplatztheater in München wiedereröffnet: „Martha“ von Friedrich von Flotow (Vorstellung: 15. 11. 2017)

Das kürzlich wiedereröffnete Gärtnerplatztheater in München, das einige Jahre lang generalsaniert wurde und nun seine Besucher in neuem Glanz erwartet, brachte die romantisch-komische Oper „Martha“ von Friedrich von Flotow in der legendären Inszenierung von Loriot zur Wiederaufführung. Die Uraufführung von „Martha oder Der Markt zu Richmond“ fand am 25. November 1847, also vor 170 Jahren, im Kärntnertortheater in Wien statt, die Premiere am Gärtnerplatztheater in München am 6. Juli 1997.

Friedrich von Flotow (1812 – 1883) hatte ein inniges Verhältnis zu Wien. Sein Meisterwerk Martha war ein Auftragswerk der Wiener Hofoper und eroberte nach dem sensationellen Uraufführungserfolg die ganze Welt, wobei als zweite Bühne 1848 Weimar folgte, wo Franz Liszt mit diesem Werk seine Tätigkeit als Operndirigent begann. Es folgten innerhalb kurzer Zeit Berlin, München, Schwerin und Paris.

In seinem im informativen Programmheft veröffentlichten Artikel über den Komponisten unter dem Titel  Nicht nur „Martha“ wies Hans Peter Wiesheu darauf hin, dass die Oper in verschiedene Sprachen übersetzt wurde. „Entscheidend für den Erfolg war aber, dass Martha die erste durchkomponierte Opéra comique ohne gesprochene Dialoge war, die oftmals einer Übersetzung hinderlich sind.“ Flotow lebte einige Jahre in Wien und war anlässlich seines 70. Geburtstags und der gleichzeitigen 500. Aufführung von „Martha“ Ehrengast der Wiener Hofoper.

Die Handlung von Flotows Meisterwerk, dessen Libretto von Wilhelm Friedrich (Pseudonym des Hamburger Dichters Friedrich Wilhelm Riese) stammt, in Kurzfassung: Als sich Lady Harriet Durham, ein Edelfräulein der englischen Königin, wieder einmal unendlich langweilt, kommt ihr die Idee, sich als Bauernmagd Martha zu verkleiden. Auf dem Markt von Richmond lässt sie sich mit ihrer Vertrauten Nancy vom reichen Pächter Plumkett und seinem Ziehbruder Lyonel engagieren. Naturgemäß erweisen sich die edlen Damen als wenig brauchbar für die Hausarbeit – doch umso geeigneter für anderes… Nach einigen peinlichen Zwischenfällen und Lyonels gesellschaftlichen Aufstiegs – durch einen Ring seines Vaters wird er als ein Graf Derby erkannt – kommt es zu einem Happyend zu viert. Lady Harriet schwört dem überraschten Lyonel ewige Treue.

Loriot (geb. 1923 in Brandenburg unter dem Namen Bernhard-Viktor von Bülow, gest. 2011 in Ammerland am Starnberger See) gelang es auf seine typisch gefühlvolle Art und Weise, die von Sentimentalität angereicherte Handlung durch zauberhafte Ironie erträglich zu machen. Passend dazu sein Bühnenbild (mit humorvollen Anspielungen, wie beispielsweise: ein reizvolles Aktgemälde wird, sobald Damen die Bühne betreten, umgedreht – die Rückseite des Bildes zeigt ein Porträt der Queen Victoria) und die von ihm entworfenen  Kostüme, die die Kleidung der britischen Gesellschaft im 19. Jahrhundert widerspiegelten.

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Jennifer O’Loughlin ist eine Idealbesetzung der „Martha“. Copyright: Christian POGO Zach

Aus dem erstklassigen Sängerensemble ragten heraus: die amerikanische Sopranistin Jennifer O’Loughlin als Lady Harriet Durham alias Martha, die besonders nach ihrer Arie „Letzte Rose“ Beifallsstürme erhielt, und der griechische Tenor Alexandros Tsilogiannis als Lyonel – an diesem Abend zum ersten Mal am Gärtnerplatz! –, der mit seiner lyrischen Stimme begeisterte. Melancholisch eindrucksvoll gesungen seine Arie „Martha, Martha, du entschwandest …“. (Dass manchem Besucher im Publikum in dieser Minute ein Kabarettabend einfiel, an dem ein Sänger den Text änderte in „Martha, Martha, du entschwandest und mit dir mein Portemonnaie“ passte zur Loriot-Inszenierung…)

 Beide Hauptdarsteller brillierten auch schauspielerisch, wobei anzumerken ist, dass ebenfalls  die Einstudierung des Chors (Felix Meybier) eindrucksvoll war und auch choreographisch sehr kreativ ausfiel (Choreographische Betreuung: Fiona Copley). Ebenso ausdrucksstark agierten die Mezzosopranistin Ann-Katrin Naidu in der Rolle der Nancy, der Bass Holger Ohlmann als Plumkett und der Bariton Martin Hausberg als Lord Tristan Mickleford. Gesanglich stets auf der Höhe und darstellerisch durchwegs komödiantisch trugen sie genauso zum Erfolg der Vorstellung bei wie auch in zwei Nebenrollen der österreichische Bass Christoph Seidl als Richter von Richmond und der deutsche Bariton Christian Schwabe als Diener des Lord Mickleford.

Das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz brachte unter der Leitung von Andreas Kowalewitz den Melodienreichtum der romantisch-komischen Oper von Flotow mit allen Facetten zum Klingen.

Auffallend war, dass die gesamte Statisterie des Staatstheaters am Gärtnerplatz – wie auch der Extrachor und die Kinderstatisterie – mit großer Spielfreude agierten (Spielleitung: Ulrike Aberle) und so zum Erfolg dieser 120. Vorstellung seit der Premiere am 6. Juli 1997 wesentlich beitrugen.

Das begeisterte Publikum zollte immer wieder Szenenbeifall und am Schluss nicht enden wollenden Applaus für alle Mitwirkenden – mit einigen Bravo-Rufen für die beiden Hauptdarsteller Jennifer O’Loughlin und Alexandros Tsilogiannis.

Udo Pacolt

 

 

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