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MÜNCHEN/ Cuvilliestheater: WIENER BLUT. Neuinszenierung

01.12.2014 | Allgemein, Operette/Musical

MÜNCHEN – Gärtnerplatztheater im Cuvilliès-Theater, Johann Strauß,  „WIENER BLUT“, NI,  30. November, 3. Vorstellung

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Ella Tyran (Demoiselle Franziska Cagliari), Jasmina Sakr (Pepi Pleininger), Cornelia Horak (Gabriele Gräfin Zedlau), Chor. Foto: Christian POGO Zach

Mit leichter Hand und feiner Ironie führt Regisseurin Nicole Claudia Weber in dieser Neuproduktion vor, wie es Diplomaten eines deutschen Zwergstaates im kaiserlichen Wien ergehen kann. Ob Fräulein Gspusi, plötzlich anreisende Frau Gemahlin oder süße Probiermamsell: Dank der resoluten und geschickten Verführungskunst der charmanten Wienerinnen wird der Spieler Balduin Graf Zedlau bald zum Gespielten, denn die Damen halten hier die Fäden in der Hand und sorgen dafür, dass der Hallodri sich in seine eigene Frau verliebt und fortan – vielleicht – nur noch daheim nascht.

Den Erfolg des Abends garantieren die Protagonisten: Fast alle sind „Eingeborene“ aus Wien, so kommen denn nicht nur das „picksüße Hölzl“ und das „Tschapperl“ authentisch ‚rüber, sondern auch so deftige Zärtlichkeiten wie „Kanalratz“ oder „Oachkatzerl,, giftgschwoll’nes“. Nicole Claudia Weber lässt die heitere Verwechslungskomödie im Jahr 1899 spielen, in einem Miniatur-Wien, das ein wenig wie die Auslage einer Konditorei ausschaut (Bühne: Karl Fehringer / Judith Leikauf). Trotzdem wirkt die Produktion nicht süßlich (das bißchen Zuckerguss übertüncht halt nur die hehre Fassade der guten Wiener Gesellschaft). Denn alle Personen sind liebevoll als wahrhafte Charaktere gezeichnet.

Die deutsche Fraktion mit dem vortrefflichen Hans Gröning als knorrig-preußischer Fürst Ypsheim-Gindelbach und Tilmann Unger als heldentenoraler Balduin. Bei den „Ösis“ gebührt die Palme eigentlich auch jedem: Allen voran Cornelia Horak als Gabriele Gräfin Zedlau, charmant, elegant, selbstbewusst, mit weiblicher Raffinesse; Ella Tyran als Demoiselle Cagliari, im Gesang zwar nicht sehr textverständlich, doch im Spiel sehr echt als ehrgeizige Gspusi-Karrieristin; Jasmina Sakr als herzig-graziöses Wiener Madl Pepi, mit perlendem Sopran, eine echte Soubrette. Bei den Herren begeisterte der wunderbare Wolfgang Hübsch als aktiver Weinliebhaber und Tänzerinnenvater Kagler; Daniel Prohaska, der ergebene Diener Josef, trumpfte mit kraftvoller Stimme auf und berührte vor allem als beleidigter Zornpinkerl und eifersüchtiger Liebhaber im Kampf um und mit seiner Pepi (die erhaltene Watsch’n schmerzte auch den Zuhörer); schließlich noch Harald Hofbauer in einer Doppelrolle als Fiakerkutscher mit einer „Gosch’n wia a Hutschenschleuderer“ und als Graf Bitowski, der im Rollstuhl sitzend hinter sämtlichen Röcken hersaust, um die zarten Damenhände zu küssen (deren Besitzerinnen in beneidenswert schönen Abendroben von Marie-Luise Walek auf dem Ball tanzen).

Musikalisch zusammengehalten, geführt, auf Händen getragen wurde alles von Michael Brandstätter am Pult. Er verzichtete auf süße Touristen-Walzerseligkeit und animierte das Gärtnerplatz-Orchester zu schwebenden Klängen und schwungvollen Rhythmen (und man sah so manchen im Publikum sich leise im Walzertakt wiegen).

Das Publikum zeigte mit lang anhaltendem Applaus und wohldosierten Bravi seine Begeisterung für eine funkelnde Produktion voller Theaterzauber. Glänzende Unterhaltung – eben wie gewohnt am Gärtnerplatz. 

 Jakobine Kempkens

 

 

 

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