MONACO: Festival Printemps des Arts de Monte-Carlo (19.3 – 10.4.2016)
Bretonische Volksmusiker. Copyright: Festival Printemps des Arts de Monte-Carlo
Fast ganz im Zeichen von Gustav Mahler stand das heurige Festival Printemps des Arts in Monaco. Zwar hatte der künstlerische Leiter Marc Monnet („Ich will, dass das Publikum die gesamte Bandbreite der Musik geniesst, vom 12.Jahrhundert bis zur Gegenwart.“) wie immer ein äußerst eklektisches Programm erstellt: von bretonischen Volkstänzen über Musik am Hofe des Sonnenkönigs bis zu Welturaufführungen. Aber der österreichische Komponist war dann doch unbestritten d a s Herzstück der diesjährigen Ausgabe. Schließlich wurden in der Zeit vom 19.3.-10.4. alle seine Symphonien – bis auf die Achte, die den Rahmen räumlich und finanziell gesprengt hätte – hier aufgeführt.
Am Eröffnungsabend mischte man fröhlich Lieder von Gustav (Frühlingsmorgen, Ich ging mit Lust, Wenn mein Schatz Hochzeit macht, Rheinlegendchen, Die zwei blauen Augen von meinem Schatz, Wo die schönen Trompeten blasen, Wer hat dies Liedlein erdacht?) mit denen seiner Gattin Alma (Laue Sommernacht, In meines Vaters Garten, Die stille Stadt, Bei dir ist es traut, Ansturm, Lobgesang, Ich wandle unter Blumen, Der Erkennende, Kennst du meine Nächte ?), und zeigte auch noch den hochinteressanten Dokumentar-Film „Mahler, Autopsie eines Genies“.
Es folgte die Sechste, dargeboten vom Deutschen Symphonie-Orchester Berlin unter Tugan Sokhiev sowie die Neunte und die Vierte, gespielt vom ortsansässigen Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo unter Gianluigi Gelmetti bzw. Kazuki Yamada.
Einen ersten Höhepunkt bildete die Interpretation der Dritten durch Jonathan Nott und die Bamberger Symponiker. Die NDR Radiosymphonie, geleitet von Andrew Manze, enttäuschte hingegen ein wenig mit einer nicht mehr als ordentlichen Aufführung der doch so beliebten Fünften.
Eliahu Inbal. Copyright: Festival Printemps des Arts de Monte-Carlo
Somit hinterließen die letzten zwei Konzerte den vielleicht stärksten Eindruck. Mahler-Spezialist Eliahu Inbal bewältigte die undankbare Aufgabe der Siebten, deren kontroverser letzter Satz („Zirkusmusik“) die Gemüter immer noch zu spalten vermag, gemeinsam mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart, mit großer rhythmischer Bravur und dynamischer Präzision.
Der Abschlussabend bot noch einmal eine sehr interessante Gegenüberstellung: das Adagio aus der Zehnten gepaart mit der Ersten. Denn wenn die Neunte und das Lied von der Erde auf herzzerreißende Art und Weise den Abschied vom Leben zelebrieren, dann vermitteln die vollendeten Passagen dieser allerletzten Symphonie eigentlich schon Klänge aus dem Jenseits. Die Erste hingegen führt vor, wie alles anfing: mit unbändiger Energie und für Mahler doch erstaunlichem Optimismus. Natürlich gibt es auch da melancholische Passagen und sogar einen Trauermarsch, aber letztlich triumphiert die ungebrochene Lebensfreude doch noch über die später überhandnehmenden Untiefen. Und Daniel Harding schaffte mit dem „Hausorchester“ diesen unglaublichen emotionellen Spagat zwischen Omega und Alpha souveränst.
Daniel Harding. Copyright: Festival de Monte Carlo
Während des ganzen Festivals war auch noch eine großartige, von der Sammlung Henry-Louis de La Grange gestaltete Ausstellung zu sehen. Für Hardcore-Mahlerfans empfiehlt sich ein Besuch in der Pariser Mediathèque Musicale, wo diese weltweit einzigartigen Bestände das ganze Jahr über aufbewahrt und besichtigt werden können.
Robert Quitta, Monaco