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MARIBOR: EUGEN ONEGIN

25.05.2013 | KRITIKEN, Oper

MARIBOR: EUGEN ONEGIN – 24.5.2013


Sabina Cvilak, Nuska Drascek-Rojko. Foto: Tiberiu Marta

Blankes Entsetzen ist ihm ins Gesicht geschrieben, als Onegin völlig zerknickt an die Bühnenrampe tritt: Er hat soeben in einem völlig unsinnigen Duell seinen Freund erschossen. Da verändert sich bei offenem Vorhang die Stimmung und die Szenerie: Der düstere Wald mit Schnee verwandelt sich wie von Zauberhand in einen prächtigen Ballsaal mit schlanken Säulen und die Polonaise beginnt.
Nicht nur diese beiden letzten Bilder aus „Eugen Onegin“ von Pjotr Iljitsch Tschaikowski sind am Opernhaus des slowenischen Maribor geprägt von einnehmender Ästhetik, sondern die gesamte Ausstattung inklusive der ausnehmend schönen, geschmackvollen Kleider (Bühne: Marko Japelj, Kostüme: Suzanna Rengeo). Dazu kommen raffinierte Lichtstimmungen, die die Situationen und Emotionen noch verstärken. Etwa wenn Tatjana unbeleuchtet, ganz in Schwarz getaucht, wie ein Schattenriss nachdenklich vor dem tiefblauen, leicht wolkigen Horizont im ersten Akt steht. Oder wenn sie bei der Briefszene am Fenster sitzend, so symbolhaft wie ihre Gefühle, in den Himmel empor schwebt.

Konventionell, verständlich und ungemein präzise führt in dieser Szenerie auf der relativ großen Bühne des Opernhauses Ivan Popovski, der diese gleiche Konzeption des russischen Meisterwerks schon 1997 in Lille verwirklicht hat, die Personen durch die Geschichte von Alexander Puschkin.  Dabei lässt der aus Skopje stammende Regisseur durchaus viele kluge Ideen und Details einfließen, wobei er meist hart am Duktus der Musik und des Librettos bleibt. Und immer wieder lässt er die Bewegungen in der Szene bewusst zu einem ästhetischen Bild erstarren. Es gelingt ihm ebenso stets, die inneren Gefühle der Protagonisten nach außen zu kehren und die  Entwicklung der Charaktere ideal zu verdeutlichen.


Sabina Cvilak, Konstantin Susakov. Foto: Tiberiu Marta

Das alles funktioniert aber nur, weil er das Glück hat, dass ihm ein neugieriges, überwiegend junges Ensemble zur Seite steht, dem die Spielfreude ins Gesicht geschrieben ist und das zudem bis auf eine Ausnahme über unverbrauchte Stimmen verfügt: Die Tatjana wird von Sabina Cvilak mit farben- und fassettenreichem Sopran und zuerst mit mädchenhaft schüchterner Unschuld, dann als edle Dame von Welt an der Seite des Fürsten glaubhaft verkörpert. Den kalten und arroganten Titelheld, der dann zum verzweifelten Liebenden wird, singt Konstantin Susakov , mit einem etwas kleinen, nicht immer hörbaren Bariton, der in den tieferen Lagen leicht knorrig klingt. Ein Ereignis ist Martin Susnik, der den romantischen Dichter Lenski mit einem ausgesprochen schönen, hellen Tenor und allen nötigen Spitzentönen mühelos zum Besten gibt. Besonders feinfühlig gelingt ihm die bekannte Arie „Kuda, kuda“, mit der er vor dem unmittelbar darauf stattfindenden Duell niedergeschlagen Abschied nimmt. Mit ihrer runden, kräftigen Stimme kann man Nuska Drascek- Rojko als Olga erleben. Kräftig ist der Bass von Valentin Pivovarov noch aber ansonsten klingt sein Fürsten Gremin mit seinem extremen Vibrato inferior. Herausragend hört man auch noch Dada Kladenik als Filipjevna sowie auch Dusak  Topolovec als Triquet. Der Chor des Hauses (Einstudierung: Zsuzsa Budavari-Novak) klingt nicht immer besonders homogen und singt nicht immer im Rhythmus.

Mit seltsam dünnen Streichern besonders störend bei den Violinen, die zudem auch kaum strahlen, hört man  das Orchester des Opernhauses von Maribor. Störend sind auch die vielen schlampigen Einsätze und Übergänge.  Benjamin Pionnier am Pult vermag auch nicht stärkere Akzente und mehr zündenden Biss zu erzeugen.
Viel Beifall vom begeisterten Publikum!
Helmut Christian Mayer

 

 

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