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MANNHEIM/ Rosengarten: „LONDON SYMPHONY ORCHESTRA – SIR JOHN ELIOT GARDINER“

25.10.2016 | Konzert/Liederabende

Mannheim: „LONDON SYMPHONY ORCHESTRA – SIR JOHN ELIOT GARDINER“

Konzert im Rosengarten 24.10.2016

Gleich einem Paukenschlag eröffnete Pro Arte seine neue Konzertsaison mit dem London Symphony Orchestra unter der Leitung von Sir John Eliot Gardiner. Einleitend musizierten die englischen Gäste rasant, brillant in elitärem Klangerlebnis die „Leonoren-Ouvertüre Nr. 3“ von Ludwig van Beethoven. Sir John Eliot servierte die ungemein zügigen Tempi mit dem prachtvoll aufspielenden Weltklasse-Orchester elastisch und geschmeidig, der Ablauf besitzt in jedem Moment eine fulminant-artikulierte Dynamik. Faszinierend die transparenten Instrumentierungen des gesamten Klangkörpers inklusive dem vortrefflichen Trompetensolo von der Empore.

In Folge erklang ebenso aus Beethovens Feder die Kantate „Meeresstille und Glückliche Fahrt“ nach Gedichten von Johann Wolfgang von Goethe. Feinnervig vermittelte der renommierte Dirigent die tiefe Stille des Wassers, das reglose Meer im ersten Satz Sostenuto, da werden subtile Momente geheimnisvoll in selten gekannter Nachdrücklichkeit zu Tage gefördert, orchestral kristallklar umgesetzt. Die Stimmung kippt jedoch im folgenden Allegro vivace, es wird stürmischer die Nebel zerreißen, der Himmel klärt sich auf in instrumentaler Harmonik. In spannungsreicher Dialektik voller spürbarer Erregung untermalt vom prächtig deklamierenden Monteverdi Choir.

Nach der Pause boten die britischen Gäste ein weiteres seltenen gehörtes Schmankerl die „Zweite Symphonie“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy mit dem Untertitel „Lobgesang“. Sie hat die Form einer symphonischen Kantate und lehnt sich in ihrem viersätzigen Aufbau an Beethovens Neunte, aber auch an ältere barocke Beispiele an. Diese Komposition liegt einem säkularem Anlass zu Grunde und zwar dem Leipziger Gutenberg-Fest im Jahre 1840.

Es schien als ginge es Sir John Eliot Gardiner zur musikalischen Umsetzung im Sinne der Originalklang-Bewegung, um den schlanken transparenten Klang, eine aufgelockerte Textur, zügigen Tempi und klaren Artikulationen. Das Maestoso con moto im Kopfsatz vermittelte impulsiv exakte Streicherakkorde von seltener Schönheit. Markant kam das Agitato des Allegretto zur Geltung. Weihe und Pathos schienen in dieser Lesart des sensiblen Dirigenten-Grandseigneurs  schier ausgeklammert, es wehte merklich ein frischer Wind durch das Werk,  mutete dadurch herzerfrischend unauthentisch an und machte Mendelssohns Musik so herrlich imperial. In grandios klarer Perfektion präsentierte sich das englische Elite-Orchester in allen Instrumentalfraktionen.

Gefühlsneutral voll spürbarem Enthusiasmus erklang das kantatenartige Adagio religioso nicht verschroben-salbungsvoll gepredigt, sondern eher erdverbunden real und sehr verständlich. Spektakulär jedoch nicht vordergründig entfalteten sich die Solisten: allen voran Lucy Crowe betörte mit feinem Soprantimbre, liedhaft anmutend im gepflegten Dialog mit der dunkler gefärbten schönen Stimme von Jurgita Adamonyte sowie dem sorgfältig gestaltenden hellstrahlenden Tenor Patrick Grahl. Prächtig fügte sich wiederum der Monteverdi Choir ohne bleiernes Pathos in tadelloser schönstimmiger Formation zum herrlichen Responsorium der Solisten.

Fazit: eine entschlackte und dennoch eindringliche und kunstvolle Interpretation zugleich.

Entsprechend die begeisterte Zustimmung des Publikums in zehnminütigen Ovationen.

Gerhard Hoffmann

 

 

 

 

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