Mannheim / Rosengarten: „GEORGE LI-MOSKAUER PHILHARMONIE – YURI SIMONOV“ – 01.02.20
Beim Pro Arte – Konzert im Rosengarten gastierten der Pianist George Li sowie die Moskauer Philharmoniker unter der Leitung von Yuri Simonov.
Mit der präzise gespielten, orchestral prächtig aufgefächerten Ouvertüre zu „Fürst Igor“ (Alexander Borodin) eröffneten die russischen Gäste den Konzertabend. Ohne Frage gehört dieser Klangkörper zu den bedeutendsten Orchestern Russlands wie bereits die Interpretation dieses konträren Pasticcio-Vorspiels offenbarte.
Im Mittelpunkt stand jedoch das „Dritte Klavierkonzert“ von Sergej Rachmaninow. Der jungenhaft wirkende Pianist George Li, welcher u.a. beim Tschaikowsky-Wettbewerb 2015 als 2. Preisträger hervorging, stellte sich bravourös der Aufgabe zur Bewältigung des „Konzerts für „Elefanten“ wie es dereinst Horowitz bezeichnete.
Unbekümmert setzte sich der 25-jährige Pianist an den Flügel, pflügte in natürlicher Selbstverständlichkeit zu fabelhaftem Spiel pianistische Sterne vom Himmel.
Bereits während des eröffnenden Allegro offerierte der in Boston geborene Tasten-Akrobat seine immense Virtuosität, bestach mit Kadenzen von grandioser Akkordtechnik, demonstrierte bravourös sein handwerkliches Rüstzeug zur Bewältigung des schwierigen Klavierparts. Li schenkte seinem kultivierten Spiel zu liebevollen Details auch eine Abfolge temporeicher Finessen in Verbindung höchst effizierter Phrasierungskunst.
Yuri Simonov präsentierte mit seinen herrlich musizierenden Moskauer Philharmonikern mit Akkuratesse jenen betörend-unwiderstehlichen Rachmaninow-Sound, des mit auffallend jungen Musikern besetzten Orchesters. Weich flossen die Instrumental-Gruppen ineinander, klar lokalisiert erklangen Violinen und Celli im dominanten Getümmel der Holz-Blechbläser-Vorherrschaft.
Elegisch, traumhaft folgte das Intermezzo-Adagio von Li auf bezaubernde Weise emotional in verhaltenem Sentiment intoniert, den melodischen Fluss dieser herrlichen Musik auf vollendete Weise akzentuierend.
Gewiss hörte ich das Dritte, meinen Piano-Favoriten während der letzten Jahrzehnte von bedeutenden Solisten war ich heute allerdings bar der Technik, des vortrefflichen Fairplays des jungen Amerikaners mehr als überrascht, ja regelrecht überwältigt. Herzerfrischend frei jeglicher Theatralik, energiegeladen, einfach atemberaubend in rhythmischer Akkuratesse zündete der geniale Tasten-Künstler zum finalen Alla breve nochmals akribisch massive Akkord-Kaskaden, rauschende Arpeggio, chromatisch-lineare Tastaturläufe zu farbintensivem elektrisierendem Brillant-Feuerwerk, dass es die Hörer von den Sitzen riss.
Die überschäumende Begeisterung bedankte der bescheidene Künstler mit der traumhaft-versonnen, transparent interpretierten „Widmung“ (Schumann).
Den offiziellen symphonischen Abschluss bildete die „Dritte“ von Peter I. Tschaikowsky. Nach Vollendung seines populären 1. Klavierkonzerts schrieb der Komponist binnen weniger Ferienwochen seine 3. Symphonie. Im Gegensatz zu bisher viersätzigen Werken erhielt diese Komposition derer „fünf“.
Der erste Satz wurde mit der düsteren Trauermarsch-Einleitung der Streicher eröffnet, Hörner und Holzbläser übernahmen die Melodie und führten drängend in den Ausbruch des Allegro- Hauptthemas. Wunderbar erblühte der vortreffliche Klangkomplex des bestens aufspielenden Orchesters im aufstrebenden Tutti des marschartig energischen Instrumental-Gebildes. Klar intonierte die Oboe die Variation des dreifachen H-Moll-Motives um sich sodann in liedhafter Kantilene auszuweiten. Eine Fagott-Exposition krönte schließlich den Satz.
Yuri Simonov leitete seine Philharmoniker sensibel durch die charmante Walzerweise des alla tadesca den französischen Geist in schwebender Eleganz dieser Musik offenbarte. Stilvoll rhythmisch erklang die Pizzicato-Grundierung der Holzbläser, um in virtuosen Staccato-Triolen ein duftiges Scherzo zu entfalteten.
Das Andante elegiaco intonierten die famosen Streicher mit pastoralen Anklängen die sodann einer weitausschwingenden Melodie wichen kontrapunktisch umspielt. Immer dichter steigerte sich das Instrumentarium effektvoll ins Forte dessen Phonstärke dank des wachen Blicks Simonovs nie eruptiv ausartete. Mit allerlei fragmentarischen Motiven klang der Satz aus. Zu gebrochenen Akkorden des gesamten Orchesters erhob sich das Allegro viva zu feinen burlesken Bläsereinwürfen. In raffinierter Harmonie überraschte das Trio.
Großartig instrumentiert, brillant vorgetragen erhob sich der Finalsatz mit dem namensgebenden tempo di polacca als schmetterndes Rondo, welches vom Dirigenten inspiriert und seinem exzellenten Klangkörper mit Herzblut und Delikatesse musiziert in einer reißerischen Stretta seinen krönenden Abschluss fand.
Das Publikum war begeistert und feierte die russischen Gäste lautstark mit Vehemenz. Der Dank blieb nicht aus und wurde mit zwei Zugaben belohnt. Herrlich elegisch erklang die „Vocalise“ (Rachmaninow) und konträr in sprühender Musizierfreude serviert der Czardas aus „Schwanensee“ (Tschaikowsky).
Gerhard Hoffmann