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MANNHEIM / Rosengarten: DAS LIED VON DER ERDE /Ettinger, Prochnik, Muehle, "Festive Overture"/Schostakowitsch

Mannheim: „DAS LIED VON DER ERDE“ 09.02.2015


Offizielles Plakatbild mit Ettinger, Prochnik, Muehle. Copyright: Lüdkemann

 Den Auftakt des 5. Abo-Konzerts der Musikalischen Akademie des Nationaltheaters unter der Leitung von GMD Dan Ettinger im Rosengarten bildete die „Festive Overture“ von Dmitri Schostakowitsch zum 37. Jahrestag der Oktober-Revolution komponiert. Spritzig, blechlastig musiziert Ettinger mit dem spielfreudigen Klangapparat den musikalischen Winzling. Doch mussten für den Gag, sechs Trompeten links und rechts neben die Bühne zu postieren, die ersten drei Parkettreihen weichen?

 Überhastet, schwerfällig, ohne Esprit präsentierte der Dirigent dagegen die „Symphonie classique“ von Sergej Prokofjew. Lediglich wieselflinke Streicherformationen versöhnten mit herrlich aufblühenden Holzbläsern im Larghetto von der sonst behäbigen Interpretation.

 Mit den ins Transzendente zielenden Worten: „Still ist mein Herz und harret seiner Stunde! Die liebe Erde allüberall. Blüht auf im Lenz und grünt – Aufs neu! Allüberall und ewig

Blauen licht die Fernen! Ewig… ewig…“ endet das nun sechsteilige Werk „Das Lied von der Erde“ (Gustav Mahler), das im spätromantischen Repertoire eine schwer zu deutende Mittelstellung zwischen Vokalsymphonie und Orchesterliederzyklus einnimmt.

 Beflügelt, voller Zuversicht begab sich der Rezensent und Mahler-Fan zur mit großer Spannung erwarteten Version. Dan Ettinger am Pult des hochkonzentriert musizierenden NT-Orchesters sezierte die Partitur, wies den musikalischen Fluss zwar in jene Kanäle, welche die kompositorische Struktur vorgibt. Der Dirigent trieb den Verlauf transparent ohne Ecken und Kanten voran, blieb jedoch stets in den Bereichen der soliden Durchhörbarkeit, dennoch erschien mir persönlich dieser Musizierstil zu eindimensional. Man hätte sich bei dieser expressiv, himmelwärts stürmenden Musik, das Funkeln der Mahler-Tonsprache, mehr Emotionen, mehr Raffinesse gewünscht. Leider bediente sich Ettinger wiederum seiner immer wiederkehrenden Manie, der Überproportion von Instrumentalsoli.

 Martin Muehle setzt mit seinem höhensicheren Tenor bereits beim Trinklied gestalterische Akzente voller Komplexität. Lyrisch ohne heroischen Operngesang, verströmt der Sänger sein strahlendes Material in nuancierten Varianten. Pathetisch, leicht gedehnt erklingt der Refrain nach Jetzt nehmt den Wein mit dem harmonischen Epilog. Unbeschwert, jugendlich gestaltet Muehle das Bild des „chinesischen Gartens“ und krönt mit tenoralen Finessen die ironische Burleske Der Trunkene im Frühling zur der finalen Textphrase „Was geht mich der Frühling an? Lasst mich betrunken sein!“

 Gesangsnuancen, Musikalität die Tonsprache Mahlers umzusetzen scheinen Edna Prochniks Sache nicht? Wie bereits 2009 während der „Auferstehungs-Symphonie“ und Ettingers Mahler-Einstand hier im Rosengarten änderte sich fast nichts. Was nützt der Dame die theatralische Gestik, das Mit-Dirigat, die große Opernstimme wenn nur wenige, sehr wenige Momente der Melodik ihrer Kehle entweichen?

 Wehmütig gedachte ich der großartigen Mahler-Konstellation vor wenigen Tagen in der AOF. Meinen Einwänden zum Trotz, feierte das Publikum alle Mitwirkenden herzlich.

 Gerhard Hoffmann

 

 

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