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MANNHEIM: ELEKTRA

28.03.2014 | KRITIKEN, Oper

Mannheim: ELEKTRA am  27.3. 2014 mit Catherine Foster

 Strauss‘ Elektra wurde jetzt am Nationaltheater in der 56.Vorstellung der Ruth-Berghaus-Inszenierung von 1980 gespielt. Doch nein, bereits am Eingang waren Zettel ausgehängt, dass die Aufführung wegen Streiks nicht im Bühnenbild von Marie-Luise Strandt gespielt werden könne und damit auch die Berghaus Inszenierung hinfällig wurde.  Es wurde „semiszenisch“ in den Kostümen gespielt, die ebenfalls von der wichtigen Berghaus-Mitarbeiterin Strandt stammen. Gleich zu Beginn ließ sich das Nationaltheater-Orchester von solchem Ungemach nichts anmerken. Aus dem breiten voll besetzten Graben fuhr die Anfangsfanfare wie eine Wucht heraus, untelegt von knalligen düsteren Wagnertuben, und Dirigent Dan Ettinger trieb das Orchester zu weiteren teils donnerndem, immer kräftig kompaktem Spiel an. Auch die lyrischen Chrysothemis-Passagen wurden in bestem Kontrast gespielt, und Klytämnestras fetzige Motive hier und da hingeschleudert. Der diatonisch breitbändige Übergang zum Orest-Gesang gelang optimal und wurde hauptsächlich in den Streichern mit großem Schneid gestrichen.  Die am Ende ins Tänzerische überleitenden Passagen kamen gar nicht aufgesetzt daher, sondern wurden von Ettinger bestens ins Gesamtdrama  eingebunden.
 
Nun ist aber Zeit, auf den großen Star des Abends einzugehen. Catherine Foster, die derzeitige Bayreuther Brünnhilde, hatte eine gesamte Serie als Elektra übernommen, und auch bei der letzten vom Rezensenten besuchten Aufführung war das Haus voll,  was bei Elektra gar nicht so selbstverständlich erscheint. Mit ihrem warmen, sensual-suggestiven Soprantimbre konnte sie volle Empathie für die eigentlich ‚harte“ Elektra-Rolle wecken. Alle gefordeten Höhen schafft sie mit butterweichem Ansatz, nie schleicht sich eine Schärfe ein. Da kann sie auch wirklich in Richtung Isolde punkten. Auch erscheint ihre Stimme bis in die tiefere Lage gut durchgebildet, es gibt überhaupt keine Registerverfärbungen. Eine völlig mühelose  Bewältigung der Partie und Rolle, auch wenn sie hier nicht szenisch gefordert ist, aber das ist ja Draufgabe.
 
Als lokaler Mannheimer Co-Star brauchte Cornelia Ptassek als Chrysothemis sich vor dem Weltstar nicht verstecken, auch wenn sie neben ihr im gelben Kleid wie eine ‚halbe Portion‘ erschien. Sie  produziert durchlagende wohllautende Gesngslininien.die wie reines Platin anmuten, die sie auch mühelos über das laute Orchester bringt. Die Klytämnestra von Edna Prochnik liegt im etwas unteren Dezibel-Bereich, aber durch expressiven Ausdruck, spannende Phrasierung und gute Diktion vermag sie ihrer grausigen Schilderung  Plastizität einzumeißeln. Ägisth Istvan Kovacshazi steht ein wohltimbrierter Tenor zu Gebot, ehe er von Elektras Kerzen geleitet in das Messer von Orest läuft. Dieser wird von Guido Jentjens schönstimmig mit der korrekten psychischen Anspannung intoniert. Mit hellem plakativem Tenor singt Magnus Piontek seinen Pfleger. Gute Rollenstudien liefern Anja Wollenweber und Tatjana Rjasanova als Vertraute und Schleppträgerin. Ein gelungenes Mägdequintett ergeben Evelyn Krahe, Anna-Theresa Möller, Marie-Belle Sandis, Estelle Kruger und Iris Kupke, die nicht nur gesanglich präzis und rhythmisch reussieren, sondern auch, trotz fehlender Szene, gut interagieren. Das Ensemble wird B.Nawrath, S.Pilgrim und A.Matyushenko komplettiert.   

Friedeon Rosén

 
 

 

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