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MAGDEBURG: DIE TOTE STADT – sehenswert!

28.02.2016 | Oper

Sehenswerte Opernaufführung in Magdeburg: „Die tote Stadt“ von Erich Wolfgang Korngold (Vorstellung: 27. 2. 2016)

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In der Rolle des Paul faszinierte Wolfgang Schwaninger; im Hintergrund Roland Fenes als sein Freund Frank (Foto: Nilz Böhme)

Erfreulich, dass diese früher kaum gespielte, musikalisch exzellente Oper „Die tote Stadt“ von Erich Wolfgang Korngold zurzeit in vielen Städten auf dem Spielplan steht, so seit kurzem auch am Theater Magdeburg in einer Koproduktion mit der Nederlandse Reisopera. Das Libretto verfasste Julius Korngold, der Vater des „Wunderkinds“, das schon früh mit Kompositionen aufhorchen ließ, unter dem Pseudonym Paul Schott frei nach Georges Rodenbachs Roman Brugues-la-Morte. Uraufgeführt wurde die Oper im Jahr 1920 am selben Tag in Hamburg und Köln.

Die Handlung, die auf raffinierte Art und Weise die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verwischt, spielt in der toten Stadt Brügge, wo der Witwer Paul in Erinnerung an seine verstorbene Frau Marie völlig zurückgezogen lebt. Als er der jungen Tänzerin Marietta begegnet, ist er von der frappierenden Ähnlichkeit mit der Toten hypnotisiert. Die beiden werden ein Paar, wobei Mariettas leichtfertiger Lebenswandel schon bald Pauls Eifersucht weckt. Die Situation eskaliert, als er erfährt, dass sie ein Verhältnis mit seinem besten Freund Frank eingegangen ist. Ein Verbrechen scheint sich anzubahnen – Traum und Wirklichkeit sind nicht mehr auseinanderzuhalten.

In der Inszenierung von Jakob Peters-Messer allerdings schon. Der Regisseur veränderte den Schluss und lässt Pauls Träume Realität werden: Er träumt die Ermordung von Marietta nicht, sondern tötet sie. Im Hintergrund der letzten Szene warten schon Polizei und Irrenhaus-Personal. Mariettas Text „Da bin ich wieder, vergaß den Schirm und meine Rosen…“ war gestrichen.

Der Regisseur beruft sich dabei auf Rodenbachs Roman, wie er in seinem Beitrag im Programmheft ausführlich erklärt. Daraus ein Zitat: „Muss man den Traum am Schluss auflösen? Und findet Paul dadurch einen Weg aus seinem Trauma heraus? Oder sind diese Traumbilder nichts anderes als die verzerrte Wahrnehmung eines Psychopathen, der sich immer mehr in die Schraube seines Wahns hineindreht und aus diesem psychischen Gefängnis keinen Ausweg findet? Oder bestenfalls einen Ausweg im Wahn, also in der Einbildung? Womit wir wieder bei Rodenbach und seinem schwarzen Ende wären.“

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Wie eine Dompteuse agierte in einer Liebesszene Noa Danon als Marietta (Foto: Nilz Böhme)

Der deutsche Tenor Wolfgang Schwaninger spielte die Rolle des Paul von Anfang an als unzurechnungsfähigen Psychopathen – und er spielte seine Rolle beklemmend gut. Stimmlich zu Beginn ein wenig unsicher, steigerte er sich jedoch mit seiner kräftigen Stimme im Laufe der Vorstellung zu einer eindrucksvollen Leistung.  Hervorragend seine „Gegenspielerin“, die israelische Sopranistin Noa Danon, die als Marietta in jeder Szene verführerisch wirkte und ihren Koloratursopran wirkungsvoll einsetzte, auch wenn die Textverständlichkeit dabei litt.

Pauls Freund Frank wurde vom deutschen Bariton Roland Fenes dargestellt, der seine Erschütterung über den Tod Mariettas glaubhaft spielte, Pauls Haushälterin Brigitta von Jasmin Etezadzadeh als Einspringerin für Undine Dreißig gegeben , deren zurückhaltendes Spiel und prägnante Alt-Stimme  gut zur Rolle passte.

Aus Mariettas Tanztruppe, die sehr komödiantisch auftrat, seien die Tänzer Irma Mihelič (Juliette), Jenny Stark (Lucienne) und Eric Schubert (Gaston) sowie die Tenöre Manfred Wulfert als Regisseur Victorin und Markus Liske als Mäzen Graf Albert genannt. Fritz, der Pierrot, wurde vom deutschen Bariton Thomas Florio gesungen, der den „Schlager“ der Oper „Mein Wähnen, mein Sehnen“ zwar mit kräftiger Stimme wiedergab, aber leider den Schmelz dieser Arie vermissen ließ.

 Neben dem Opernchor des Theaters Magdeburg war auch der Opernkinderchor des Konservatoriums „Georg Philipp Telemann“ in der Prozessionsszene eindrucksvoll zu hören (Einstudierung: Martin Wagner). Für die konventionelle, aber thematisch adäquate  Gestaltung der Bühne und das Lichtdesign war Guido Petzold verantwortlich, für die Entwürfe der Kostüme, die der heutigen Zeit entsprechen, Sven Bindseil.

 Die Magdeburgische Philharmonie unter der Leitung des taiwanesischen Dirigenten Kimbo Ishii brachte die schillernde Partitur des Komponisten gut zur Geltung, wenngleich die Lautstärke manche Feinheiten überdeckte.

Das Publikum zeigte sich begeistert und belohnte alle Mitwirkenden mit lang anhaltendem Applaus und Bravorufen für die beiden Hauptdarsteller Wolfgang Schwaninger und Noa Danon sowie für das Orchester.

Udo Pacolt

 PS: Die Oper „Die tote Stadt“ wird in Magdeburg noch am 3.April (16 Uhr) und am 15. April 2016 (19:30 Uhr) aufgeführt.

Zu Jasmin Etezadzadeh: Am Samstag findet im Volkstheater Rostock eine Premiere und deutsche szenische Uraufführung von Rossinis Ermione mit Jasmin Etezadzadeh statt!

 

 

 

 

 

 

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