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LUXEMBURG/ Grand Theatre de : PARSIFAL

16.04.2013 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

LUXEMBURG/ GRAND THEATRE : PARSIFAL am 12. 4.2013


Foto: Grand Theatre Luxembourg

 Ein weißes Bühnenhalbrund, das langsam wie von unsichtbarer Hand heller wird. und dann passierts, noch während des Vorspiels : Kundry küsst Amfortas. Und das so intensiv, dass dieser aus der Nase zu bluten beginnt. Das Bluten setzt sich fort : vom Schnürboden herab fließt eine rote Flüssigkeit in äderchen-ähnlichen Bahnen über den soeben noch unschuldigen Rundhorizont. Leise rieselt der Nitsch, und nach und nach erscheinen die Gralsritter auf der Bildfläche, um die katastrophalen Folgen dieses Erbkusses zu bestaunen.

So schön, so schlicht, so stimmig beginnt eine weitere der vielen osternahen Jubiläumsjahr- Parsifal- Produktionen, diesmal ( nach Salzburg, Wien, Köln, Essen etc.) im Grand Theatre de Luxemburg ( als gemeinsame Anstrengung mit der Vlaamse Opera in Antwerpen ).

 Doch dann gerät die Inszenierung von Tatjana Gürbaca leider relativ rasch aus dem Lot. Ein ziemlich gleichbleibendes, grelles “ Arbeitslicht „, unvorteilhafte Fetzen wie aus einer Humanitas-Sammlung – und dann auch noch zwangsläufig ein Gurnemanz im Rollstuhl (ein Glück, dass er die Hand nicht zum Hitlergruss erhebt…!).

Tja, was soll man von einer Berghaus- und Konwitschny – Schülerin denn auch anderes erwarten als hochintelligentes, erbarmungslos ideologiekritisches, aber unglückseligerweise eben auch total unsinnliches und hässlichkeitsanbetendes Theater ?


Foto: Grand Theatre Luxembourg

Nicht, dass es nicht noch eindrückliche Bilder geben würde: Der “ Gral “ ist der hochschwangere Bauch von Kundry, durch dessen Berührung die Ritter ( die eher wie Mitglieder einer Billig- Sekte wirken) vorerst vergeblich das Heil zu erlangen versuchen. Die Blumenmädchen sind buntgekleidete Altersheiminsassinnen. Das ganze Ensemble wiederholt stumm die aus dem Orchestergraben ertönenden Vorwürfe Titurels. Der Speer ist ein langes Rohr, das sich Amfortas selbst ins Herz stößt. Und die “ ewige Jüdin “ Kundry ( in der manche Wagnerforscher ein Selbstportrait des Meisters als Frau entdecken wollen) schlitzt sich zu schlechter Letzt äusserst fachkundig die Pulsadern auf, um gemeinsam mit dem eingangs geküssten Amfortas den Tristan- und- Isolde- gleichen Liebestod zu sterben.

So weit,so gscheit. Aber eben auch so schiach. Liebe im Dunstkreis der ehemaligen DDR aufgewachsenen bzw. ausgebildete Regisseure und Regisseusen, lasst euch bitte sagen : Schönheit ist keine Sünde, ja sie ist nicht einmal „bürgerlich“…!

Herzstück der Aufführung ist ohne jeden Zweifel die Bayreuth-erprobte Susan Maclean. Ihre Kundry ist selbstsicher, höhnisch,spöttisch, schnippisch, aggressiv, unterwürfig und……..überwältigend !

Ihr ein kongenialer Partner ist der durch den dummen Rollstuhl allerdings in doppelter Hinsicht etwas gehandicapte Georg Zeppenfeld als Gurnemanz. Die Trias vervollständigend der überzeugende Werner van Mechelen (Amfortas).

Aus der Reihe fällt nur ein wenig Zoran Todorovich.Menschendarstellung war zwar noch nie seine Sache, aber hier steht er (unfreiwillig) besonders blöd in der Gegend herum. Und besetzungstechnisch war es von den Verantwortlichen auch nicht besonders klug, gerade den ältesten Sänger des Casts als jugendlichen Erlöser einzusetzen.

Der 81jährige israelische Dirigent Eliahu Inbal leitete hier den ersten Parsifal seines Lebens.Und wenn ihm auch manche seine “ Kapellmeisterhaftigkeit“ vorwarfen, so fand ich hingegen, dass gerade seine unaufgeregte Attitüde, sein warmer, menschlicher, sicherer Musikfluss im Endeffekt entscheidend zum doch sehr großen Erfolg des Abends beigetragen hat.

 Die Produktion ist noch am 23., 26. und 28. April in Gent zu sehen.

 Robert Quitta,Luxemburg

 

 

 

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