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LÜBECK: ROMEO UND JULIA – (I CAPULETI E I MONTECCHI) von Bellini, nicht von Shakespeare. Premiere

08.04.2016 | Oper

„Romeo und Julia“ – Von Bellini, nicht von Shakespeare

Von Horst Schinzel

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Evmorfia Metaxaki und Wioletta Hebrowska:  Foto Oliver Fantitsch

 „400 Jahre später – Shakespeare lebt“ – Unter dieses Leitwort hat das Lübecker Theater eine Schauspiel- und zwei Opern-Premieren gestellt. Aber hat überhaupt je ein William Shakespeare gelebt? Darüber streiten bis heute Philologen, die darin einen Sammelnamen für die Aktivitäten verschiedener kulturbeflissenen Zeitgenossen in Stratford-on-Avon sehen. Jedenfalls: Die Oper „Romeo und Julia“ – Il Capuleti e I Montecchi“ des jung verstorbenen italienischen Komponisten Vincenzo Bellini (1801 – 1835) – die an diesem Freitag in der Lübecker Oper ihre gefeierte Premiere hatte- hat Shakespeare nicht zum Hintergrund. Sein Librettist Felice Romani kannte Shakespeare nicht. Seine „schröckliche“ Geschichte fußt auf einer spät-mittelalterlichen Erzählung und den Stücken zeitgenössischer Wanderbühnen.

Die dem Bildungsbürger bekannte Geschichte zweier Liebender im früh-mittelalterlichen Verona ist denn auch kaum wiederzuerkennen. Romani und Bellini erzählen von dem schon seit langem währenden Streit zweier Geschlechter, in der die Liebe dieser beiden jungen Leute zerrissen wird. Wir erfahren, dass Romeo – Anführer der Montecchi – schon früher Julias Bruder erschlagen hat – in der Schlacht, wie Romeo betont. Und nun droht eine neue Auseinandersetzung. Vor der will Romeo Julia entführen. Aus Gehorsam vor dem – hier von Andre Valiguras recht steif dargestellten – Vater will Julia nicht mitkommen. Als die stadtinternen Auseinandersetzungen eskalieren, willigt Julia in einen Plan des Capuleti-Soldaten Tebaldo (Daniel Jenz) ein, einen starken Betäubungstrank einzunehmen. Romeo wird vom Trauerzug überrascht und hält Julia für tot. Voll Verzweifelung vergiftet er sich selbst. Julia erwacht und springt voll Todessehnsucht von ihrem Erker in die Etsch.

Michael Sturm hat in seinem Lübeck-Debüt diese traurige Geschichte auf die Bühne gebracht. Dafür hat Stefan Rieckhoff viele Wände gebaut, die die Möglichkeiten der Drehbühne voll ausnutzen. Die Darsteller treten in Gegenwartskostümen auf. Den viel beschäftigten Chor hat Jan-Michael Krüger einstudiert. Es wird viel geraucht in dieser Einstudierung. Und leider nutzt auch Romeo-Darstellerin Wioletta Hebrowska die Zigarette als dramaturgisches Mittel.

Das große Erlebnis dieses Abends sind Evmorfia Metaxaki und Wioletta Hebrowska in den beiden Hauptrollen – Romeo ist eine für Mezzosopran ausgelegte Hosenrolle, was einer Verlegenheit des Komponisten geschuldet sein soll Die volltragenden Stimmen der beiden Sängerinnen beeindrucken die Premierenbesucher, die schon mit Szenenbeifall nicht geizen und am Schluss alle Beteiligten bejubeln. Andreas Wolf weiß das Philharmonische Orchester zur nötigen Italinatá zu führen. Ein großer Abend!

Nächste Aufführungen: 16.April, 19.30 Uhr, 28. April, 18 Uhr

 

 

 

 

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