Kammermusik mit Karg, Tamestit und Martineau am 29. Juni 2019 bei den Schlossfestspielen/LUDWIGSBURG
Feiner klanglicher Bewegungszauber
Einen Bogen durch die vertonte Lyrik Europas spannten Christiane Karg (Sopran), Antoine Tamestit (Viola) und Malcolm Martineau (Klavier) beim Kammerkonzert im Ordenssaal. Die impressionistischen Klänge des deutsch-amerikanischen Komponisten Charles Martin Loeffler gewannen in der subtilen Wiedergabe von Christiane Karg zusammen mit Antoine Tamestit und Malcolm Martineau deutliche Präsenz. In der „Serenade“ wurden Tod und Liebe zu einer qualvollen Symbiose. Fahle Klänge und aufblühende Farben machten sich außerdem bei „Le son du cor s’afflige vers les bois“ bemerkbar, wo Christiane Karg ihren filigranen Kantilenen eine berührende Note gab. Nach diesem Ausschnitt aus Loefflers „Quattre poemes pour vois, alto et piano“ op. 5 gewann die leidenschaftliche Wiedergabe der Geistlichen Lieder aus Hugo Wolfs „Spanischem Liederbuch“ dank Christiane Karg und Malcolm Martineau große klangliche Präsenz. Das Sehnen nach Schönheit in Wolfs Musik strahlte hervor. Sensible chromatische Passagen beleuchteten die Seelenschilderungen bei Liedern wie „Die ihr schwebet“, „Führ‘ mich, Kind, nach Bethlehem“, „Ach, des Knaben Augen“ und „Mühvoll komm‘ ich und beladen“. Das Pathos des Intimen herrschte deutlich vor. Aber die Sopranstimme von Christiane Karg schwebte hier auch über den Dingen, was ihrer Wiedergabe einen starken inneren Wert verlieh. Franz Schuberts „Auf dem Strom“ für Singstimme, Horn und Klavier D 943 (Fassung für Viola) überraschte das Publikum durch häufige harmonische Wendungen und Rückungen, die dem Klanggebilde ein neues Erscheinungsbild gaben. Insbesondere die melodische Eingebungskraft zeigte hier starke Präsenz und formale Klarheit. Antoine Tamestit (Viola) und Malcolm Martineau (Klavier) interpretierten die Sonate für Klavier und Arpeggione a-Moll D 821 op. post. (Fassung für Viola) von Franz Schubert mit deutlicher Akzentuierung der knappen und konzentrierten Sätze. Auch die lyrischen Episoden kamen in ihrer ausgesuchten Feinheit nicht zu kurz. Und auch die konzertanten virtuosen Spielfiguren strahlten immer wieder hervor. Insbesondere das innige Hauptthema des ersten Satzes besaß geradezu sprühende Lebendigkeit. Die E-Dur-Einleitung des Adagios überzeugte mit reifer Seelentiefe, während der graziös-spritzige Charakter im Schluss-Rondo ausgezeichnet getroffen wurde. Zuletzt gefiel noch „Der Hirt auf dem Felsen“ für Singstimme, Klarinette und Klavier D 965 (in der Fassung für Viola) von Franz Schubert. Die Fülle motivisch-thematischer Einfälle korrespondierte dabei mit den zauberhaft-magischen Girlanden und Arabesken der Singstimme. Als Zugabe war noch das bekannte Wiegenlied „Josef, lieber Josef mein“ von Johannes Brahms zu hören. Auch hier konnte sich insbesondere Christiane Karg in den seelischen Gehalt der Komposition gut einfühlen.
Alexander Walther