Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

LUDWIGSBURG/ Schlossfestspiele: ANJA LECHNER (Cello) / DINO SALUZZI (Bandoneon) – MIT LEISEN SPHÄREN ÜBERZEUGEN

27.06.2015 | Konzert/Liederabende

 Anja Lechner und Dino Saluzzi im Ordenssaal bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen – 25.6.2015

MIT LEISEN SPHÄREN ÜBERZEUGEN

 Die deutsche Cellistin Anja Lechner und der argentinische Bandoneon-Virtuose Dino Saluzzi sind seit langem befreundet. Ihre musikalischen Inspirationsquellen sind sehr fruchtbar. Davon konnte man sich im Ordenssaal überzeugen. Für Saluzzi ist das Bandoneon ein Zauberinstrument, mit dem er in geheimnisvolle Geschichten versinken kann. Anja Lechner begleitet ihn dazu auf dem Cello mit reizvollen Girlanden, Kaskaden und Arabesken, die eine unglaublich große thematische Vielfalt eröffnen. Die Gedanken sind dabei erfüllt von melancholischen Klängen aus seiner argentinischen Heimat. Tanzweisen des Zamba, Tango Neuevo, aber auch  der Mazurka und Polka werden in fantasiereicher Weise varriiert und in Bearbeitungen verfremdet. Die Musik von Eduardo Arolas, Vicente Greco und Anibal Troilo lebt dabei gleichsam neu auf. Nummern wie „Carretas“, „El titere“ oder „Esquina“ fesseln das Publikum dabei durch den außergewöhnlichen Klangfarbenreichtum und die große melodische Kraft, die den Zuhörer unmittelbar berührt. Mit nur wenigen Klängen vermag Dino Saluzzi den Musikfreunden unendlich viel zu sagen, das zeigt sich nicht nur beim überaus poetischen Titel „Ojos Negros“ (Schwarze Augen), der Name eines Tangos von Vicente Greco. Auch die Cellistin Anja Lechner fiebert jedem neuen Treffen mit Dino Saluzzi mit leuchtenden Augen entgegen. 1998 kamen die beiden das erste Mal zusammen. Inzwischen hat sich daraus eine intensive Zusammenarbeit entwickelt. Anja Lechners leidenschaftliches Cellospiel trifft sich mit dem sehnsüchtigen Musizieren von Dino Saluzzi in sphärenhafter Weise, melodische Fortschreitungen sind überhaupt die große Stärke dieses bestens aufeinander abgestimmten Duos. Sie wollen ihre Darbietung auch nicht unbedingt als „Tangokonzert“ verstanden wissen. Immer wieder kommt es zwischen den beiden zu einem inspirierenden Dialog zwischen Pizzicato-Sequenzen und fulminanten dynamischen Steigerungen. Der knisternde Milonga-Charakter der Stücke wird in reizvoller Weise ausgekostet. Die Bezeichnung des Bandoneons rührt vom Erfinder des wechseltönigen Harmonikainstruments, dem Krefelder Heinrich Band, her. Das Instrument war zunächst in Deutschland sehr beliebt und wurde im 19. Jahrhundert von deutschen Auswanderern nach Argentinien mitgenommen. Die Legende besagt, dass ein berühmter Bandoneonspieler sogar Papst Pius im Vatikan überzeugen konnte, sein „Tango-Verbot“ zurückzuziehen. Das Instrument ist zwischenzeitlich aus dem Schatten der Nachtlokale am Rio de la Plata herausgetreten. Viel von dieser geheimnisvollen mediterranen Atmosphäre vermag Dino Saluzzi aber auch in Ludwigsburg mit seinem Instrument zu vermitteln. Da kommt es zu knisternden harmonischen Reibungen und ungewöhnlich feurigen Rhythmen, denen die Cellistin Anja Lechner mit irisierenden Tongemälden ein leuchtkräftiges Gesicht gibt. Begeisterter Schlussapplaus.

 Alexander Walther

 

Diese Seite drucken