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LUDWIGSBURG/ Forum Schlosspark: VIEL LÄRM UM NICHTS – Gastspiel Nationaltheater Mannheim

17.12.2015 | Theater

„Viel Lärm um nichts“ mit dem Nationaltheater Mannheim im Forum am Schlosspark Ludwigsburg

VERSCHWENDERISCHES GEFÜHL

Shakespeares „Viel Lärm um nichts“ mit dem Nationaltheater Mannheim im Forum am Schlosspark am 18. Dezember 2015

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Copyright: Hans Jörg Michel

„Wenn ich ihn nur einmal leiden sehen kann, dann war mein eigenes Leiden nicht umsonst!“ verkünder Don John (furios dargestellt von Sascha Tuxhorn) in Sebastian Schugs fantasievoller Inszenierung von William Shakespeares „Viel Lärm um nichts“. Auf der von Christian Kiehl eingerichteten großflächigen Bühne thronen zwei große Säulen, die den Blick auf differenzierte Räumlichkeiten freigeben. Im rechten Eck der Bühne sieht man Instrumente und ein Klavier, wo Musik von Johannes Winde gespielt wird. Schwerpunkt dieser ungewöhnlichen Inszenierung sind jedoch die ausdrucksvollen Kampf-Choreografien von Klaus Figge zur Musik von Giuseppe Verdis gewaltigem „Requiem“. Da meint man, dass der Bühnenboden auseinanderbricht.

Sebastian Schug sieht den Sinn dieser Inszenierung in den verschwenderischen Gefühlen der Figuren, die mit ihrer Körperlichkeit, ihrer Abartigkeit und ihrer Intelligenz deutlich auffallen. Auch sexuelle Varianten und Akzente spielen hier eine Rolle. Schug macht in seiner subtilen Inszenierung aber auch deutlich, wie stark sich Menschen ändern können. David Müller verdeutlicht als Claudio suggestiv, wie heftig er sich nach der Rückkehr aus dem Krieg in Hero, Leonatos Tochter, verliebt hat. Anne-Marie Lux vermag als Hero eine ganze Palette an Darstellungsnuancen aufzuzeigen, die sich immer weiter verfeinern. Jacques Malan hat als Leonato, Gouverneur von Messina, ebenfalls einen starken Auftritt. Der von Sascha Tuxhorn undurchsichtig gemimte Don John (Don Pedros Halbbruder) tut alles daran, um das Paar wieder auseinanderzubringen. Ralf Dittrich spielt Don Pedro (Prinz von Aragonien) mit vielen Emotionen. Dadurch steigert sich die Spannung. Eine Intrige Don Johns soll die Untreue Heros beweisen, was auf der Bühne zu heillosen Verwechslungen führt. Claudio wirft deswegen der Braut Sittenlosigkeit vor. Musikalisch und szenisch gelingt Sebastian Schug hier in jedem Fall eine temporeiche Aufführung, die beim Publikum bestens ankommt. Doch die Wahrheit kommt an den Tag und Claudio wird mit seiner Braut wieder vereint. Auf der zweiten Ebene gibt es eine amouröse Affäre zwischen der von Dascha Trautwein wunderbar störrisch verkörperten Beatrice und dem Frauenhasser Benedikt, einem seltsamen Aristokraten aus Padua, den Martin Aselmann mit witziger Pedanterie spielt.

Wie sich diese beiden Ebenen in der Inszenierung geschickt verbinden, hat Sebastian Schug gut und überzeugend gelöst. Obwohl beide das Geschlecht des jeweils anderen verachten, finden sie schließlich dennoch zusammen. Diesen Erkenntnisprozess hat Schug konsequent und eindringlich herausgearbeitet, so dass beim Publikum keine Langeweile aufkommt. Wie stark die Umgebung das Zueinanderfinden der einzelnen Paare beeinflusst, kommt bei der Mannheimer Inszenierung ebenfalls plastisch zum Vorschein. Aber glücklicherweise hat Sebastian Schug die Lebenslust bei seiner Inszenierung nicht vergessen. Die Überblendungstechnik mit ineinandergreifender Szenenfolge kommt bei dieser Inszenierung ebenfalls nicht zu kurz. Beatrice hetzt dabei auch gegen Claudio: „Töte Claudio! Du tötest mich, wenn Du Dich weigerst!“ Mimik und Gestik der einzelnen Schauspieler steigern sich in differenzierter und unterschiedlichster Weise. Zuletzt taumeln alle Figuren durch den dichten und lichtdurchfluteten Nebel, der wahrhaft geheimnisvolle Schatten wirft. Die Diskrepanz zwischen Schein und Wirklichkeit wird als Erkenntnisproblem von Sebastian Schug am besten herausgearbeitet. Und die Kostüme von Nico Zielke betonen geschickt den komödiantischen Charakter dieses Werkes. Leider fehlen hier die Figuren der einfältigen Gerichtsdiener Holzapfel und Schlehwein, die das betrügerische Spiel letztendlich aufdecken. In weiteren Rollen gefallen aber Matthias Thömmes als Don Johns Begleiter Borachio, Thorsten Danner als gelenkiger Mönch, Julius Forster als Wache Dogberry und Heros Zimmermädchen Margaret (das zuletzt sogar einen Pop-Song singt), David Müller als weitere Wache Verges und Anne-Marie Lux als Conrad, der das Intrigenspiel entlarvt.

Für die gesamte Truppe gab es frenetischen Schlussapplaus des Publikums.  Sebastian Schug ist Regiepreisträger der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste.

Alexander Walther

 

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