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LUDWIGSBURG/ Forum am Schlosspark: DER VAMPYR. Oper von Peter Joseph von Lindpaintner. Konzertant

13.01.2017 | Oper

„Der Vampyr“ im Forum am Schlosspark Ludwigsburg

SCHAUERLICHES UND ROBUSTES

Peter Joseph von Lindpaintners Oper „Der Vampyr“ am 13. Januar 2017 konzertant im Forum am Schlosspark/LUDWIGSBURG

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Frieder Bernius. Copyright: Gudrun Bublitz

Peter Joseph von Lindpaintners Oper „Der Vampyr“ op. 70 ist eine echte Wiederentdeckung. Lindpaintner war zwischen 1820 und 1850 Hofkapellmeister in Stuttgart und machte das königliche Opernorchester zu einem führenden Klangkörper. Seine Oper „Der Vampyr“ entstand im Jahre 1828. Es handelt sich hier um eine skurrile Dreiecksgeschichte. Dem Sohn des Grafen Aubri versprochen, verliebt sich Isolde als Tochter des Grafen Port d’Amour in Hyppolit. Da sich aber der Vater nach dem Tod des Grafen Aubri (der vom eifersüchtigen Hyppolit erschossen wird) nicht mehr an diese Abmachung gebunden fühlt, steht der Heirat von Isolde und Hyppolit scheinbar nichts mehr im Wege. Doch in diesem Moment steht der junge Aubri vor der Tür und will sich rächen. Doch als er sich wieder an Isolde heranmachen will, wird er von Hyppolit als Vampir entlarvt und zur Hölle geschickt. Frieder Bernius verleugnete bei seiner konzentrierten Wiedergabe mit konzertanten Ausschnitten aus dieser ungewöhnlichen Oper zusammen mit der Hofkapelle Stuttgart keineswegs die Nähe Lindpaintners zu Heinrich Marschners „Vampyr“-Oper, wo die dramatischen Momente immer wieder reizvoll hervorstachen. Sforzati und Tremolopassagen machten sich schon in der robust gespielten Ouvertüre bemerkbar, deren leidenschaftliche Emphase sich immer mehr zuspitzte. Die vorzüglichen Gesangssolisten Samuel Hasselhorn als Graf Aubri, Emanuel Fluck als Ignerand, Sarah Wegener als Isolde und Michael Feyfar als Hyppolit ließen die Gegensätze der Charaktere und Stimmungen in bewegender Weise Revue passieren. Insbesondere Sarah Wegener brillierte in der Rolle der Isolde im dritten Akt bei der Arie „Er geht! Ihm folget scheu mein Blick“ mit ebenmäßigen Kantilenen und viel Klangfarbenzauber. Mit ihrem weichem Timbre ist ihre Stimme zu vielen Differenzierungen und Nuancen fähig. Man nahm ihr auch darstellerisch die Angst vor dem Vampir ab. Panisches Flattern und Zittern prägte die Darstellung, überhaupt triumphierte das ariose Opernmelos. Bernd Schmitt heizte als subtiler Sprecher und Verfasser der sich seltsam reimenden Zwischentexte die Stimmung mächtig an. Schmerzliche Empfindungen und dramatische Steigerungen ergänzten sich hier gegenseitig mit chromatischen Spitzfindigkeiten und harmonischer Vielschichtigkeit. Die Folge kontrastierender Melodien schuf gegen Ende eine dämonische Stimmung, die sich vor allem in den Streicherpassagen manifestierte. Zuweilen spürte man beim Hören dieser Musik Hinweise auf zukünftige musikalische Entwicklungen bis hin zu Meyerbeer und Wagner.          

Die Hofkapelle Stuttgart musizierte dann anschließend unter der zupackenden Leitung von Frieder Bernius eine hinreißende Wiedergabe der Sinfonie Nr. 4 in c-Moll, der so genannten „Tragischen“, von Franz Schubert. Gleich die wehmütig-schmerzliche Adagio-Einleitung wurde hier genau getroffen. Zum Glück wirkte sie nicht unpersönlich oder blass. Bernius ließ für subtil-dynamische Spannungskräfte genügend Spielraum. Eine innige Sangesseligkeit ließ den zweiten Satz bei dieser insgesamt robusten Wiedergabe mit seiner schönen Andante-Melodie zu geradezu „himmlischer Länge“ anwachsen. Mit Kraft und Eigensinn kam das Scherzo-Menuett daher, dessen klangfarbliche Reize Frieder Bernius mit der Hofkapelle Stuttgart facettenreich auskostete. „Tragisch“ erschien dann nochmals das gewaltige Allegro-Finale mit den Reminiszenzen an die große C-Dur-Sinfonie. Reizvoll gestaltete die Hofkapelle den geheimnisvollen Übergang von Moll nach Dur. Und das gesteigerte Kopfmotiv erinnerte sogar stellenweise an Beethovens fünfte Sinfonie. Die f-Moll-Episode im As-Dur-Andante wurde ausdrucksvoll gestaltet. Frieder Bernius rückte das Werk stark in die Nähe des kämpferischen Beethoven, was zu interessanten Hörerfahrungen führte. Und der rhythmische Zauber des Finales gipfelte in überwältigendem C-Dur. 

Alexander Walther

 

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