Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

LINZ/ Neues Musiktheater: SHOW BOAT. Premiere

Musical-Klassiker in Linz: „Show Boat“ von Jerome Kern / Oscar Hammerstein II (Premiere: 12. 4. 2014)

60_168
Szenenbild mit Adi Wolf, Daniela Dett und Lisa Antoni (Foto: Reinhard Winkler im Auftrag des Musiktheaters)

 In dem vor einem Jahr eröffneten Musiktheater in Linz kam es am 12. 4. 2014 zur deutschsprachigen Erstaufführung des Musical-Klassikers „Show Boat“ von Jerome Kern (Musik) und Oscar Hammerstein II (Songtexte und Buch nach dem gleichnamigen Roman von Edna Ferber), das 1927 in New York einen Sensationserfolg feierte und zwischen 1994 und 1997 fast tausend Mal am Broadway aufgeführt wurde. Seinen Erfolg hatte es vor allem den Songs „Ol’ Man River“ und „Can’t Help Lovein’ Dat Man“ zu verzeichnen, die Standard-Nummern des Jazz wurden.

 Der Inhalt in Kurzfassung: Der schwimmende Theaterpalast „Cotton Blossom“ fährt auf dem Mississippi von Hafen zu Hafen. Star von Käpt’n Andy Hawks’ Show ist Julie La Verne, die Tochter eines weißen Vaters und einer schwarzen Mutter. Als die „Mischehe“ bekannt wird, muss sie mit Co-Star Steve Baker das Schiff verlassen. In der Not springt Magnolia, die Tochter des Kapitäns ein. – Viele Jahre später treffen einander Julie und Magnolia in Chicago wieder. Julie ist am Ende ihrer Bühnenkarriere depressiv und alkoholabhängig geworden, Magnolia steht allein mit einem Kind da und versucht den Wiedereinstieg in die Showbranche. Das bitter-süße Happyend: Nach 27 Jahren sehen einander Magnolia und Ravenal, der Vater ihres Kindes, wieder.

 Matthias Davids, der künstlerische Leiter der Musicalsparte in Linz, der schon den Publikumserfolg „Die Hexen von Eastwick“ inszenierte, führte Regie. Er lässt die Dialoge deutsch sprechen (Dialogfassung: Roman Hinze) und die Gesangstexte englisch singen – eine gute Entscheidung! Durch seine eloquente Personenführung und die schmissigen Tänze entwickelte sich eine milieugerechte Aufführung, die das Publikum drei Stunden lang in den Bann zog. Für die kreative, einfallsreiche Choreographie zeichnete Simon Eichenberger verantwortlich, der das Ballett des Landestheaters Linz immer wieder mit Schwung und Akrobatik über die Bühne wirbeln ließ.

 Die Gestaltung der Bühne – Theaterschiff „Cotton Blossom“, Hotel in Chicago, Nachtclub Trocadero – lag bei Mathias Fischer-Dieskau in guten Händen, die der Handlung bestens entsprechenden Kostüme entwarf Judith Peter, für die Lichteffekte sorgte Michael Grundner

 Reinhard Kranner spielte den unter der Fuchtel seiner „besseren Hälfte“ stehenden Käpt’n Andy Hawks mit Augenzwinkern, Kristin Hölck seine Ehefrau allzu forsch und bissig. Als deren Tochter Magnolia konnte die Sopranistin Lisa Antoni sowohl schauspielerisch wie stimmlich überzeugen. Mitreißend ihr Song „After the Ball“ bei ihrem Auftritt im Trocadero.

Als ihr Ehemann Ravenal, eine Spielernatur, der in Notwehr einen Mann tötete und seine Frau mit der kleinen Tochter Kim verließ, blieb Christian Alexander Müller ein wenig blass. Die erwachsene Kim wurde von Mireia Gonzáles Fernández gespielt, die junge Kim von der entzückenden Emelie Trahan.

 Zum Star des Abends avancierte Zelotes Edmund Toliver, der in der Rolle des Joe mit seiner imposanten Erscheinung sehr bühnenwirksam agierte und den Song „Ol’ Man River“, das musikalische Leitmotiv des Musicals und eine „Eloge“ auf den Mississippi-Strom, mit seiner warmen Bassstimme wunderbar zum Besten gab. Sein Eheweib, die Köchin Queenie, wurde von der von den Bermudas stammenden Sängerin Adi Wolf recht eindrucksvoll dargestellt.

Aus dem großen Ensemble seien noch genannt: Daniela Dett als Schauspielerin Julie La Verne und Peter-Andreas Landerl als ihr Bühnenpartner Steve Baker, Erich Josef Langwiesner in der Doppelrolle als Sheriff und als Manager im Trocadero sowie Ariana Schirasi-Ford als schrille Komödiantin und Rob Pelzer als ihr Ehemann und ein wenig zu stark übertreibender Bühnenpartner Schultz.

 Das Bruckner Orchester Linz wurde von Kai Tietje geleitet, der leider des Öfteren die Phonstärke der Musik in fast schmerzvolle Höhen trieb. Verständlich, dass das gesamte Ensemble mit Wangen- oder Stirnmikrophonen ausgestattet war, was wieder zur Folge hatte, dass die Dialoge fast immer geschrien wurden. Schade…

 Ein lesenswertes Zitat des erfolgreichen Musical-Komponisten Jerome Kern, das im gut illustrierten Programmheft abgedruckt ist: „Komponieren ist wie ein Angeln. Du hast etwas am Haken, aber du weißt nicht, ob es ein kleiner oder ein großer Fisch ist, bis du ihn an Land ziehst. Du schreibst zwanzig Melodien, damit zwei gute dabei herausspringen. Der Papierkorb schmachtet nach Musik.“ Man muss festhalten, dass ihm bei „Show Boat“ mehr als zwei gute Melodien eingefallen sind.

 Das Publikum im restlos ausverkauften Haus zeigte seine Begeisterung über die treffliche Aufführung dieses Musical-Klassikers am Schluss für alle Mitwirkenden mit lang anhaltendem Applaus. Jubel für den Darsteller des Joe.

 Udo Pacolt

 

 

 

Diese Seite drucken