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LINZ/ Brucknerhaus: FÜNF Linz: „#FÜNF – Don Juan & Till Eulenspiegel“ – Werke von Richard Strauss, Claude Debussy und György Ligeti.

06.06.2021 | Konzert/Liederabende

Linz: „#FÜNF –C Konzert im Brucknerhaus, Großer Saal, 05. 06.2021

Werke von Richard Strauss, Claude Debussy und György Ligeti.

Nachdem die Nummern 2 – 4 des neuen Bruckner-Orchester-Abonnements vor live-Publikum ausgefallen waren (nur eine Netzpremiere unter Bruno Weil gab es), konnte der Schlußpunkt der Saison an einem gewitterumdräuten Frühsommerabend über die Bühne des 1974 eröffneten Konzerthauses an der Donau gehen. Künstlerischer Leiter Norbert Trawöger und Chefdirigent Markus Poschner erstellten ein Programm, das zusammen so etwas wie eine viersätzige Symphonie ergeben sollte, aus Werken der Jahre 1888 bis 1971. In einem Vorprogramm, genannt „das rote Sofa“, erläuterten die beiden ihre Ideen zu Stücken und Programmablauf vor dem langsam einsickernden Publikum.

Das mit dem Sickern ist leider recht wörtlich zu verstehen – schlußendlich war der Saal wohl nur zu ca. 30 % besetzt, statt der Covid-möglichen 50 %. Das selbe Programm wurde übrigens am Abend davor im Wiener Musikverein gegeben – wir hoffen, daß der Besuch dort besser war.

Den Beginn setzt der Geniestreich des 24-jährigen Richard Strauss, mit dem er sich schlagartig in der vordersten Reihe deutscher Komponisten etablierte: „Don Juan“ Tondichtung nach (u. a.)  Nikolaus Lenau, Op. 20: schon das Eröffnungsmotiv der Streicher tanzt und schwebt fast schwerelos empor und gibt so Stimmung und Qualitätsniveau des Abends vor. Die Präzision der Bläser – allen voran die vier Hörner – ist atemberaubend, die 8 Kontrabässe legen dazu die samtige, nachdrückliche Basis. Poschners Dirigat baut die Spannung bis zum manisch-eindrücklichen Höhepunkt sorgfältig auf, bis das pessimistische Ende mit genau bemessen verebbenden Klängen die Titelfigur einholt.

1894 feierte Claude Debussy mit „Prélude à l‘après-midi d’un faune“ ebenso einen großen Erfolg; Ideen- bzw. Assoziationsgeber war dabei hauptsächlich der symbolistische Dichter Stéphane Mallarmé. Eine Herausforderung für die Flöte, welche die Solistin glänzend besteht. Auch hier dominieren Feingliedrigkeit und schwebende Klänge die Interpretation, und das Publikum entläßt Orchester und Dirigenten mit begeistertem Applaus in die Pause.

Exil-Ungar György Ligeti handelte den Dogmen der zeitgenössischen europäischen Musik zuwider, als er sein 1971 uraufgeführtes ca. 10 Minuten kurzes Werk „Melodien für Orchester“ nannte, weil er hier auch melodische Ideen verwob, nicht nur sozusagen streng mathematisch komponierte. Trotzdem ist das Werk ein sehr komplexes, mindestens dreischichtiges Konstrukt, das sich dem Publikum auch nach Meinung des Komponisten nicht beim ersten Kennenlernen erschließen dürfte. Jedenfalls beeindruckten am meisten die sphärischen Partien, wie sie auch Ligetis „Atmosphères“, die Stanley Kubrick für seinen Film „2001“ (nicht wirklich gemäß Urheberrecht) verwendete, kennzeichnen. Das Orchester war hier in deutlich reduzierter Besetzung, aber nicht in reduzierter Präzision und Klangkultur zu hören.

Zum Finale noch einmal Strauss: „Till Eulenspiegels lustige Streiche“ Op. 28, in Rondeauform nach alter Schelmenweise – selbst durchaus schelmisch – gesetzt, gibt noch einmal dem Bruckner Orchester Gelegenheit, in großer Formation zu glänzen, und das tut es gründlich! Auch im vierten Stück des Abends stehen die Bläser im Fokus, und besonders das Hornquartett beeindruckt nochmals makellos und nachdrücklichst. Das etwas an Berlioz‘ „Symphonie fantastique“ erinnernde Finale, das dem Titelhelden das Leben kostet, wird mit aller düsterer Profundität ausgekostet. Jedoch: die Coda, in der sich der widerständige Geist des Possenreißers als unzerstörbar erweist, entläßt das begeisterte, beim Applaus die dünne Saalbesetzung mittels seiner Lautstärke Lügen strafende Publikum in eine Sommerpause, an deren Ende vielleicht doch eine ganz normale neue Saison stehen könnte…

 

Petra und Helmut Huber

 

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