Bach Consort Wien. Foto: Julia Wesely
LINZ / Brucknerhaus: Concerti von VIVALDI und HÄNDEL
Bach Consort Wien, Rubén Dubrovsky „Gemeinsam im Wettstreit“
17.2. 2019 – Karl Masek
Attraktiv und abwechslungsreich sind sie programmiert, die Sonntagsmatineen im Brucknerhaus Linz. Für Kenner, Raritätenjäger und Feinschmecker. Am letzten Sonntag im Jänner z.B. gab es die späte Erstaufführung der Sinfonia Apocaliptica des sehr zu Unrecht fast vergessenen Wiener Komponisten Karl Weigl (1881-1949), entstanden im New Yorker Exil 1942 bis 1945, gekoppelt mit Chor/Orchesterwerken von Schönberg, Darius Milhaud und Igor Strawinsky unter Mitwirkung von Nicole Heesters und Franz Grundheber, dem Slowakischen Philharmonischen Chor und dem Bruckner Orchester Linz unter Thomas Sanderling. Ein höchst spannender Vormittag.
Ruben Dubrovsky. Foto: Julia Wesely
Diesen Sonntag stilistisch ein weiter Sprung, um Jahrhunderte zurück. Unter dem Motto Gemeinsam im Wettstreit präsentierte Rubén Dubrovsky mit seinem Bach Consort Wien insgesamt 6 Concerti von Antonio Vivaldi und Georg Friedrich Händel.
In allen Werken bekamen die insgesamt 25 Musiker/innen in wechselnden Besetzungen – in Händels Concerto a due cori Nr. 2 F-Dur, HWV 333, waren sie schließlich alle auf dem Podium versammelt – viele Gelegenheiten, sowohl solistisch zu glänzen, als sich auch als Ensemble von höchster Präzision, beredter Klanglichkeit und sanguinischer Musizierlust zu präsentieren.
Dubrovsky ist dabei immer „Primus inter pares“, also keineswegs Dirigent des barock-klassisch-romantischen Klischees – und schon gar kein Pult-Herrscher. Er, der Erzmusiker (mit dem eigentlichen Hauptinstrument, dem Cello), greift mit Colascione (= eine Langhalslaute, die vor allem in Italien gebräuchlich war) und Barockgitarre aktiv ins Musikgeschehen ein, spielt dann mit dem Gesicht zum Publikum, hat dessen ungeachtet sein Ensemble in jedem Moment „im Blick“. Denn koordiniert muss werden, auf Klarheit und Transparenz, auf die Klagbögen und all das, was zwischen oder „hinter“ den Noten steht, geachtet werden. Zusätzlich gilt es, für ein Kammerorchester im Großen Saal des Brucknerhauses Linz die rechte dynamische Bandbreite zu finden, sodass auch filigrane Feinheiten z.B. in den verinnerlichten Largo-Sätzen sich nicht im großen Auditorium „verlieren“.
„Gemeinsam im Wettstreit“ – mit besonders glückhafter Betonung auf das erste Wort. Seidig-samtig wird einander zugespielt, schwebendes Pianissimo (so als bewegte man sich immer ein paar Zentimeter über dem Boden!) beim g-Moll – Largo e cantabile, wirbelndes Brio beim abschließenden Allegro kommt in Vivaldis Concerto per la solennità C-Dur gleichermaßen zu seinem Recht. Wie überhaupt die 4 Vivaldi-Concerti (er war mit seinen beinahe 500 Konzerten dieser Art mit dem Wechsel von freien Soloabschnitten und den „Orchesterrefrains“ stilbildend mit der speziellen Klanglichkeit und seinem unverkennbaren „Perpetuum-mobile-Swing“) helles, flächiges, sonniges Musizieren ermöglichten.
Wunderbar die musikalische „Plauderei“ zwischen Oboe, Cello und Colascione im F-Dur-Concerto, subtil die Echowirkungen z.B. der Flöten (sozusagen mit Quadrophonie-Effekt beim Concerto in due cori A-Dur für 4 Flöten; vier Violinen, Orgel, Streicher und Basso continuo. Leichtfüßiges Figurenwerk der Orgel. Quellfrischer, kristallklarer Klang. Da ist nichts wattig, nichts parfümiert. Elegant gesetzte Akzente, ohne Ruppigkeit.
Naturgemäß mit etwas mehr gravitätischer Festlichkeit die beiden Händel-Concerti (grossi). Händel, der Vielschreiber und Vielfach –Verwerter, verwendete im sechssätzigen Concerto a due cori , HWV 333 nicht weniger als 6 Stücke aus Oratorien wie „Esther“ und auch dem berühmten „Messiah“.
Alle solistischen Einwürfe (von Flöte/Oboe, Fagott, bis hin zu den beiden Konzertmeisterlichen Violinen) waren vom Feinsten. Besonders hervorzuheben dann beim abschließenden Händel die 4 Hornisten, die sich prächtig schlugen.
Also verdientes Pauschallob! Stark akklamiert wurde diese Matinee. Und das Publikum bekam auch eine Zugabe. Hinter festlich schreitenden Rhythmen versteckt sich das berühmte Chorstück „Lift up your heads“ aus dem 1741 komponierten „Messiah“. Bei der launig angekündigten Zugabe nannte Dubrovsky die Überschrift des Chorstücks und meinte dann scherzhaft: „Wer den Text kann, soll einfach mitsingen!“
Übrigens: Die nächste Sonntagsmatinee findet am 24.3. statt (Monteverdis „Marien-Vesper“ mit Solisten, „Chor ad libitum“ und Barocco unter Heinz Ferlesch, dem künstlerischen Leiter der Wiener Singakademie).
Empfehlung – zumal auch für Musikfreunde aus dem Wiener oder Salzburger Raum die Anreise per Eisenbahn sehr bequem und kundenfreundlich unkompliziert ist (durch ÖBB und Westbahn sowohl morgens wie nachmittags praktisch halbstündliche Intervalle zwischen Wien und Salzburg)!
Karl Masek