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LIEGE/ Opera Royal de Wallonie: LE DOMINO NOIR – Opéra Comique in drei Akten von Daniel François Esprit Auber

Wer steckt wohl unterm schwarzen Domino?

05.03.2018 | Allgemein, Oper

Le Domino Noir“, Opéra- Comique in drei Akten von Daniel François Esprit Auber und dem Libretto von Eugéne Scribe an der Opéra Royal de Wallonie-Liege

Wer steckt wohl unterm schwarzen Domino?

Die Opéra Royal de Wallonie-Liege leuchtet, strahlt, sprüht und funkelt aus ihrem tiefsten Innern. Herzglühen gepaart mit L’Esprit D’amour stehen auf dem Spielplan. Gegeben wird die Opéra Comique „Le Domino Noir“ von François-Esprit Auber, der mit seinem Librettisten Eugène Scribe ausser dieser heute nahezu unbekannten geistreichen „Screwball-Kostüm-Komödie“ nahezu 50 Opern und Ballette komponierte. Dass, „Le Domino Noir“ nahezu 1200 Mal in etlichen Übersetzungen seit seiner gefeierten Uraufführung am 2. Dezember 1837 an der Opéra Comique in Paris, aufgeführt wurde, ist eine Tatsache. 1909 verschwand das amüsante Kleinod komplett von den Bühnen. Zum einen wandelte sich der Geschmack, die französische Avantgarde suchte nach einer neuen, französisch musikalischen Identität. Allem voran Claude Debussy mit Paul Dukas, César Franck, Maurice Ravel oder Gabriel Fauré im Schlepptau. Zum anderen tauchten die Giganten Richard Wagner oder Giuseppe Verdi Mitte des 19. Jahrhunderts am Horizont auf und beherrschten das Zeitalter. 

Seit einigen Jahren werden viele andere vergessene französische Werke aus dem Napoleon-, Restaurations- und Empire-Zeitalter neu entdeckt. So auch die bekannteren Opern von Daniel Françoise Esprit Aubert. Seine „Manon Lescaut“, „Fra Diavolo“ von 1830 oder “La Muette de Portici“, „Die Stumme von Portici“, die seinen Ruhm begründeten, ihn zu einem der angesehensten Komponisten machten.

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Die tanzenden Liebenden im Ballsaal der Illusion: Cyrille Dubois und Anne-Catherine Gillet. Copyright: Lorraine Wauters, Opéra Royal de Wallonie

Dem kreativen Intendanten der Opéra Royal de Wallonie-Liege Stefano Mazzonis Di Pralafera ist es wieder einmal, geglückt, ein selten gespieltes, fast vergessenes Oeuvre in seinem über die Grenzen gelobten Opernhaus zu präsentieren. Das freilich in Kooperation mit der Opéra Comique, Paris. Ein Schachzug sondergleichen, denn Aubers Opéra Comique wird in Liege von dem Regie Dream-Team Valérie Lesort und Christian Hecq als als spritzig temporeiche Vaudeville Kapriole inszeniert. Zudem ist „Le Domino Noir“ ein schier göttliches Vergnügen für das Publikum. Das liegt an den famosen Sängerdarstellern, die humorvolle Plaudereien inklusive exquisite Arien auf die Bühne zaubern. 

Für den Regisseur Christian Hecq erinnert die verdrehte Story um Angèle, eine Novizin, die kurz vor ihrem Gelübde zu einem Maskenball ausbüxt und um Mitternacht zurück eilen muss, ein wenig an „La Cendrillon“, Aschenbrödel. Ein Jahr zuvor ist ihr Horace begegnet, der sie ebenfalls nicht vergessen kann. Besagter Maskenball findet im Ballsaal des spanischen Hofes am Weihnachtsabend statt. „Weihnachten ist einer der magischsten Abende überhaupt im Jahr, das entfacht die Fantasie“, so der Regisseur.


Ein Stacheltier in vollster Pracht: Laurent Montel. Copyright: Lorraine Wauters, Opéra Royal de Wallonie

Daniel François Esprit Aubert und sein Librettist Scribe haben sich für „Le Domino Noir“ von der illustren Sitte, Maskenbälle zu feiern,  inspirieren lassen. Hier ist der Domino kein Spielstein mit Punkten, sondern ein schwarzer Seidenumhang, der mit einer Maske versehen getragen wird. Die bekannte Paris Korrespondentin Ida Kohl beschreibt just das, was im Napoleonzeitalter „en Vogue“ war folgendermaßen : „Ein Teil der Pariser tanzt das ganze Jahr hindurch. Im Winter auf den Maskenbällen der grossen Oper und der komischen Oper. Und, die, welche hier den Cancan unter ihrer Würde halten, amüsieren sich im Foyer der Oper im Reiche der Dominos. Die Frauen erscheinen  nur in Ihren schwarzen seidenen Dominos mit Maske wohlgemerkt. Die Herren sind unverkleidet. Die Frauen herrschen“.

Jener Geist, jenes Flair spricht aus dem prachtvollen Interieur der Operninszenierung „Le Domino Noir“, das der Bühnenkünstler Laurent Peduzzi ersonnen hat:

Eine überdimensionale durchsichtige Uhr, die die Zeit vor und zurückspult, im 2. Akt das verrückte Schwein auf einer Schlachtplatte, das die Augen rollt, wenn ihm jemand mit dem Tranchiermesser zu nahe kommt. Oder, im 3. Akt, die fauchenden Figuren der Wand und am Seil tanzende Nonnen im Kloster, wenn sie Unbehagen, Ärger kundtun. Dass die gesprochenen Dialoge temporeich daher schnurren, die leichtfüssig bezaubernden Arien bravourös Hand in Hand gehen, zeugt von bester Comedia dell Arte Schauspielkunst.

Die witzig, opulent farbmächtigen Kostüme überraschen in jeder Szene. Insbesondere das aufgeplusterte Stachelschweingewand vom reichen Lord Elfort oder das über die Bühne huschende Unterwassergetier während des Maskenballs.


Tanzende und singende Nonnen: Sylvia Bergé und Ensemble.
Copyright: Lorraine Wauters, Opéra Royal de Wallonie

Dass die Novizin Angèle de Olivers, allerliebst kokett auftrumpfend  Anne-Catherine Gillet nicht den Schleier nimmt, sondern ihren angeschmachteten Horace de Massarena  heiratet, nach etlichen Verwechslungskapriolen natürlich, ist sonnenklar. Cyrille Dubois einer der führendenTenöre in Frankreich (er sang den „Iopas“ in der jetzt schon legendären „Les Troyens“ Aufnahme aus Strassburg) gibt seinen Horace mit innigster, lyrischer Melancholie. Sein sensibel feiner Tenor ist einer der Höhepunkte des Abends, der lange in Erinnerung bleiben wird. Antoinette Dennefeld als Brigitte, Angéles Freundin fasziniert im gelben Pflaum-Reifrockkückenkostüm mit ihrer lebendig herzerfrischenden Mezzogeschmeidigkeit. Wendig, mit schönem baritonaler Süffisanz François Rougier, Comte Juliano.

Herrlich amüsant Lord Elfort, Laurent Montel, sowie Marie Lenormand, als quirlige Jacinthe, Laurent Kubla, ihr liebestoller Klosterhausmeister Gil Perez sowie Sylvia Bergé als übereifrige Nonne Ursule.

 

 


Copyright: Lorraine Wauters, Opéra Royal de Wallonie

Dirigent Patrick Davin, das Orchestre und der Chor der Opéra Royal de Wallonie beschenken ihr Publikum mit einer leichtfüssigen, einfühlsamen Musik.

Lächelnd tändelnde Violinen, jauchzende Klarinetten, kichernde Oboen erinnern in der beschwingten Ouvertüre an Donizettis militärisch angehauchte Tschigderassabumtamtam-Ouvertüre aus „La Fille du Régiment“. 

Fazit: Überwältigende Begeisterung, mehrere Vorhänge. Augenzwinkern und Schmunzeln in den Gesichtern eines beglückten Publikums. 

Ab 26 März 2018 bis 5. April kehrt „Le Domino Noir“ an die Opéra Comique Paris zurück. Jene Uraufführungsstätte an der 1837 die Premiere zu erleben war. Dass, Jaques Offenbach just in jener Zeit Solocellist an der Opéra Comique war sei als ein kleines Bonmont am Rande hinzugefügt.

Am 15. April 2018 um 20h überträgt www.francemusique.fr die Oper „Le Domino Noir“.

Barbara Röder

 

 

 

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