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KÖLN: ATTILA. Konzertant

22.06.2013 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Köln: „ATTILA“ 21.06.2013

 Die Kölner Oper will im Verdi-Jahr anderen Häusern nicht nachstehen. Deshalb grub Intendantin Birgit Meyer Verdis Frühwerk aus, das zwar inzwischen wieder häufiger gespielt wird, dennoch aber eine Rarität bleibt. Das ist bedauerlich, denn zumindest der erste Akt ist durch eine für die Risorgimento-Ära typischen rhythmischen Energie und großen melodischen Einfallsreichtum geprägt. Der zweite Akt ist hingegen vom Libretto her schwach und musikalisch weniger atttraktiv, was wohl auch dazu geführt hat, daß das Werk keinen festen Platz im Repertoire gefunden hat.

 In Köln hat man auf eine Inszenierung verzichtet. Das tut dem guten Willen keinen Abbruch und ist im Palladium, einer der Ausweichstätten der Kölner Oper, kein Nachteil. Eine Akustik wie in einem Opernhaus gibt es in der ehemaligen Industriehalle aber nicht. Das Orchester klingt daher zuweilen etwas zerfasert und unausgeglichen. Dagegen ist aber jeder Dirigent machtlos, so auch der in Wien ebenfalls bekannte Claude Schnitzler, der zwar eigenartig gebrechlich wirkte, dadurch aber an musikalischem Elan nichts eingebüßt hat. Erstaunlicherweise klangen die von Andrew Ollivant einstudierten Chöre akustisch unbeeinträchtigt und klangschön.

 Wer noch die Produktion mit Ramey, Zancanaro und Studer in Mailand und Wien er-lebt hat, hat naturgemäß Idealvorstellungen, die heute ein
Opernhaus nur selten er­füllen kann. Immerhin gelang es der Kölner Oper aber auf zwei Positionen, mit bemerkenswerten Solisten aufzuwarten. Da war die Russin Evelina Dobraceva, eine echte voce verdiana. Mit ihrem Volumen und ihrer ausgereiften  Technik kann sie risikolos  auch an große Häuser verpflichtet werden.
Allerdings wäre zumindest der erste Auftritt mit etwas mehr Explosivität deutlich wirkungsvoller. Schön zu singen, reicht für die Odabella allein nicht.
Der eigentliche Star war jedoch einer drei koreanischen Bässe, die derzeit das Metier dominieren. Attila Jun ist der Bayreuther und Wiener Hagen. Kwanchul Youn ist der Münchner Gurnemanz und neuer Liebling der Fangemeinde an der Met. Samuel Youn ist seit 2004 in Bayreuth
und dort mittl­erweile als Holländer und Heerrufer etabliert. Er verfügt über ein derartiges Volumen, eine Durchschlagskraft und über Höhen- und
Tiefensicherheit, daß es ein Genuss ist, zurückgelehnt und ohne jede Angst um extreme Passagen zuzuhören. Zudem ver­eint er fließende Kantilenen mit vokaler Autorität, die die Figur des Attila auch in der konzertanten Darbietung glaubhaft macht.  Dass er ausgerechnet im italienischen Fach reüssiert, ist umso erstaunlicher, als er an den großen Häusern wie Mailand, Berlin und Paris regelmäßig mit den großen Partien des deutschen Fachs aufgetre­ten ist. Mit ihm und seinen beiden genannten koreanischen Basskollegen könnte sich das Phänomen entwickeln, dass die amerikanischen und
deutschen Bassisten in die zweite Reihe gedrängt werden und die vergleichsweise jungen Koreaner die Nachfolge eines König oder Salminen antreten.

 Die übrigen Partien waren leider nur bedingt zufriedenstellend besetzt. Der Kroate Miljenko Turk mag ein hervorragender Mozartsänger sein. Als Ezio blieb er hingegen reichlich blass. Da fehlten Temperament und Ausstrahlung. Noch problematischer war der Auftritt des Brasilianers Fernando
Portari
. Anfänglich wußte man nicht, was man mehr bewundern sollte: Seinen Mut, sich der Partie gestellt zu haben oder diese irgendwie über die Runden gebracht zu haben. Eine verwaschene Linienführung und mühsame Spitzentöne ließen um diesen Sänger bangen. Wesentlich besser wurde es allerdings im zweiten Akt, in dem er weniger verkrampft wirkte und man nun wenigstens verstand, warum die Intendanz ihn überhaupt für die Partie des Foresto eingesetzt hatte.
In den kleinen Partien ergänzten Jeongki Cho (Uldino) und Young Doo Park (Leone).                                                                        

Klaus Ulrich Groth

 

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