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KÖLN/ Staatenhaus: AIDA in konzertanter Aufführung

06.12.2015 | Oper

KÖLN: AIDA Premiere einer Serie konzertanter Aufführungen am 4. Dezember 2015

Mit „Oper konzertant“ versucht man in der Regel, einem inszenatorisch als problematisch erachteten Werk elegant aus dem Wege zu gehen, ohne es dem Repertoire zu verweigern. Verdis „Aida“ fällt natürlich nicht darunter. Aber in Köln herrscht derzeit eine besondere Situation. Wie vor einiger Zeit schon bei Gelegenheit von „Benvenuto Cellini“ und „Bohème“ beschrieben, spielt die Oper bis auf weiteres im Provisorium „Staatenhaus“ auf dem Messegelände, weil das mitten in Generalsanierung befindliche Riphahn-Gebäude von 1957 derzeit (und wohl auch noch länger als geplant) nicht zur Verfügung steht. Gerne wäre man bei der „Aida“-Wiederaufnahme der sehr ansprechenden Inszenierung von Johannes Erath (2010/11) wiederbegegnet, aber die massiv reduzierte Bühnentechnik im jetzigen Domizil erlaubt in den beiden vorhandenen Sälen nur ein En-Suite-Spielen. Zur Auffüllung des Repertoires kommen nun also zwangsläufig auch konzertante Aufführungen zum Einsatz.

Eine Künstlerin wie DALIA SCHAECHTER freilich benötigt zumindest ein Minimum an Aktion, um sich in ihrer Partie (Amneris) entfalten zu können. Gut zu beobachten war bei der ersten von vier Aufführungen, wie stark selbst kleine Bewegungen und Blicke wirken können. Auch ADINA AARON (Titelpartie) setzte Körpergestik ein, mitunter leicht erotisch akzentuiert. Eine halbszenische Darbietung (welche einer Normalinszenierung durchaus schon mal den Rang ablaufen kann), wurde daraus freilich nicht.

Adina Aaron, welche am Kölner Haus Vitellia, „Forza“-Leonora, Verdi-Requiem (szenisch) und Tosca verkörperte, war die Aida schon bei der Bühnenpremiere. Die schlanke, dunkelhäutige, attraktive Sängerin erfreute mit ihrem jugendlich dramatischen Sopran, dem es an Ausladung nicht fehlt, der aber vor allem durch seine bezaubernden Höhenpiani faszinierte (das Nil-C verrutsche allerdings intonatorisch). Seinerzeit ebenfalls schon dabei war Dalia Schaechter, eine in jeder Hinsicht imposante Pharaonentochter, wenn auch nicht immer ganz vollvolumig.

Der Bulgare KAMEN CHANEV, welcher als Radames kurzfristig für Eric Cutler einsprang, ist als Vertreter des italienischen Fachs bestens ausgewiesen. Jetzt prunkte er mit mühelos glanzvoller Höhe, konturierte seine Rolle dynamisch freilich etwas pauschal. Umso überraschender die vokalen Differenzierungen im Finalbild. Den Schlusston von „Celeste Aida“ (natürlich forte) ins Orchesternachspiel zu verlängern, ist übrigens als brachial zu beanstanden. Bei den tiefen Männerstimmen war der König des Kanadiers ROBERT GLEADOW hinnehmbar, doch dürfte die etwas harsche Stimme im Bereich des Spielbaritons einstweilen besser aufgehoben sein. Sattes Bassvolumen prägte hingegen den Ramfis von NIKOLAY DIDENKO. Auch der Amonasro-Bariton  LADO ATANELIs imponierte, trotz leichter Höhenverengung.

Eine Sacerdotessa und ein Messagero finden in der Regel nur beiläufig Erwähnung. In Köln jedoch zog REGINA RICHTER mit ihrem schönen, hellen Mezzo nachhaltig Aufmerksamkeit auf sich, und der schon oft gelobte koreanische Tenor TAEJUN SUN (derzeit noch im Opernstudio, aber mit der Aussicht auf drei Ottavio-Vorstellungen in der kommenden „Giovanni“-Produktion) war einfach fantastisch gut.

WILL HUMBURG, seit kurzem Chef in Darmstadt, wird an der von ihm häufig frequentierten Kölner Oper in dieser Spielzeit auch die (szenische) Wiederaufnahme von „Parsifal“ leiten, doch gilt er in Sonderheit als Sachwalter des italienischen Repertoires, was seine Dirigate in den letzten Jahren umfänglich nachgewiesen haben. In Bonn ist er ebenfalls oft zu erleben, vor einiger Zeit mit „Aida“. Dieses Werk oblag ihm vor fünf Jahren auch in Köln, Jetzt – im Staatenhaus – konnte man noch besser verfolgen, mit welch gestischer Akribie er Verdis Musik zum Blühen brachte, wobei ihm das GÜRZENICH-ORCHESTER willig zu Diensten war. Mit seinen relativ drängenden Tempi konnte man konform gehen, etwas zu stark beschleunigt wirkten nur die Einleitungstakte zum Finalbild. In einer konzertanten Aufführung hätten die Ballettmusiken durchaus Platz finden können. Humburg aber wollte nicht, wahrscheinlich aus musikdramaturgischen Gründen. Dies sei respektiert.

Christoph Zimmermann

 

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