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KÖLN/ „Oper am Dom“: DIE FLEDERMAUS – konzertant. Premiere

30.12.2013 | KRITIKEN, Oper

KÖLN: DIE FLEDERMAUS                   Premiere am 29.Dezember 2013 (konzertante Aufführung)

  Silvester ohne „Fledermaus“ – machbar, aber ungern denkbar. So präsentiert etwa die Wiener Staatsoper ihrem Publikum noch einmal die wohl klassischste Inszenierung des Werkes, nämlich die von Otto Schenk. Die meisten dürften sie in Form des Fernsehfilms unter Leitung von Karl Böhm (1972) kennen. Köln bietet jetzt einige konzertante Vorstellungen. Das ist eigentlich fast ein Widerspruch in sich, denn dieses Werk braucht den Spielwitz von Darstellern, die Dekorwirkung des Bühnenraumes. Aber es gibt eine plausible Erklärung der Direktion für diese skelettierten Aufführungen. Das Theaterarreal am Offenbach-Platz wird derzeit komplett saniert (Wiedereröffnung 2015). Als Interimsspielstätte stand lange das „Palladium“ zur Verfügung, eine Halle für Großveranstaltungen. Die letzte Produktion vor Ort war die Uraufführung von Michael Langemanns „Musik“. Nach Auslauf der Mietverträge verfügt man von 2014 an nur noch über den „Oper am Dom“ getauften Zeltbau, der früher Musical-Veranstaltungen diente.

 Dieser Spielort war aber noch nicht spruchreif, als man an künftigen Spielplänen bastelte und passende Engagements verabredete. Wegen der nicht optimalen Verhältnisse auf und hinter der Bühne mussten einige Vorhaben wieder gekippt, für die verpflichteten Sänger neue Aufgaben gesucht werden. Das führte in dieser Saison zu einer Häufung von Wiederaufnahmen, für deren En-Suite-Phase das Bühnenbild aufgebaut bleiben muss. Dennoch wollte man dem stets so fröhlichen Köln zum Jahreswechsel etwas Vergnügliches bieten. So kam es zum Entscheid für eine konzertante „Fledermaus“, obwohl es – Seitenblick auf die gegenwärtige Repertoirepolitik an der Komischen Oper Berlin – ruhig mal ein anderes Werk hätte sein dürfen.

  Von zwei oder drei aufgemachten, kleineren Strichen hört man die „Fledermaus“ in ihrer traditionellen Form und nicht dramaturgisch so eigenwillig neu geknotet wie vor einem Jahr in Frankfurt von Christof Loy (nochmalige Fernsehausstrahlung am Kölner Premierentag). Auch bei den Dialogen gibt es nichts Ungewöhnliches, die wenigen Improvisationen des „Kölschen“ Frosch BURGHARD BRAUN nicht eigens gerechnet. Ob diese mit dem Schauspielintendanten Stefan Bachmann abgesprochen waren, ist nicht bekannt. Der seit dieser Spielzeit neue Chef beim Sprechtheater, Burgtheater-Besuchern sicher noch erinnerlich, wurde mit der Dialogregie beauftragt. Ob er sie wirklich durchgeführt hat, ist dem aktuellen Besetzungszettel nicht zu entnehmen.

 Ganz ohne Bühnenzutaten läuft die Kölner „Fledermaus“ übrigens nicht ab. Was der „szenischen Gesamtleitung“ von LAUREN SCHUBBE zuzuschreiben ist, was der Rollenkenntnis und -vertrautheit einzelner Sänger, muss offen bleiben. Es gibt einige Verlegenheiten Viel mehr als ein Dauerlächeln und aristokratische Haltung kommt letztlich nicht von VESSELINA KASAROVA, die den Orlofsky allerdings erstmals verkörpert. Da man die Künstlerin aber als ein genuines Bühnentemperament kennt, dürfte sie mit ihrer neuen Partie wohl nur andeutend vertraut gemacht worden sein. In ihrem Couplet singt sie die Spitzentöne machtvoll aus. Da hört man schon die Dalila, welche die Mezzosopranistin in der März-Wiederaufnahme geben wird.

 SIMONE KERMES singt die Rosalinde einwandfrei und mit Diven-Applomb; das Temperamt fährt ihr bis in die Fußspitzen. Das kann man genau verfolgen, denn ihre beiden Roben lassen durch einem vorderen Rundausschnitt die Beine frei. So hat man die Sängerin auch schon mal in der Philharmonie erlebt. Da war aber wohl nicht XENIA LASSAK die Kostümbildnerin. Die Adele hätte man durchaus glücklich mit GLORIA REHM besetzen können, aber die war zuvor mit einer zentralen Partie in der Uraufführung von MichaelLangemanns „Musik“ beschäftigt. Jetzt ist sie Ida und überlässt CLAUDIA ROHRBACH die attraktivere Rolle. Die baldige Agathe besitzt immer noch sprudelnde Soubretten-Lebendigkeit. Blitzsauber ihr Gesang; die hohen Staccatotöne in „Spiel ich die Unschuld von Lande“ knallen wie Sektkorken. Ihr gilt zuletzt der stärkste Beifall.

 Den erkrankten Bo Skovhus ersetzt JOHANNES MARTIN KRÄNZLE als Eisenstein, hat mit seiner höhensicheren Stimme keine Schwierigkeiten mit der originären Tenorpartie, die heutzutage aber gerne mit Baritonsängern besetzt wird. Kränzle ist zudem ein wunderbarer Komödiant. Das gilt auch für ULRICH HIELSCHER (Frank), seit vierzig Jahren im Kölner Ensemble. MILJENKO TURK (Falke), der unwiderstehlich charmante, kroatische Bariton, wirkt hier auch schon seit 2001, und man freut sich weiterhin  an seinem chevaleresken Organ und seiner darstellerischen Wandlungsfähigkeit. Der tenorale Strahlemann MIRKO ROSCHKOWSKI ist ein Alfred, wie er im Buche steht. Den Blind gibt RALF RACHBAUER mit großem Eifer.

 Die Akustik in der „Oper am Dom“ ist problematisch, was besonders deutlich wird, wenn die GÜRZENICH-Musiker auf der Bühne sitzen. Bei der „Fledermaus“ durchstoßen die Posaunen immer wieder den Orchesterklang, so dass man sich fast bei einem Kurkonzert wähnt. Unter GERRIT PRIESSNITZ läuft die Ouvertüre weitgehend korrekt, aber ohne wirklichen Pep ab. Dann erwärmt sich die Interpretation und gewinnt an Geschmeidigkeit und Brillanz. Dass die Pause nach dem Uhren-Duett erfolgt, ist eine kuriose Entscheidung. Mit der Tritsch-Tratsch-Polka geht’s danach weiter. Ansonsten keine Einlagen.

 Christoph Zimmermann

 

 

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