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OPERKLOSTERNEUBURG: LA TRAVIATA am 24.07.2018
Das Opernfestival im Kaiserhof des Chorherrenstiftes Klosterneuburg kann heuer bereits zum 25. Mal das Publikum mit einer gelungenen Produktion erfreuen. Bei herrlichem Sommerwetter lässt das imposante Ambiente des Stiftsplatzes und der akustisch gute und klug genutzte Kaiserhof keine Wünsche offen.
Die Inszenierung unterscheidet sich wohltuend von den derzeit in Wien angebotenen Interpretationen der La traviata. Die Gratzer-Inszenierung in der Volksoper ist schon sehr in die Jahre gekommen und wurde in ihrer minimalistischen Sichtweise bereits etwas langweilig; die Staatsopernversion kämpft erfolgreich im Rennen um die schlechteste Regiearbeit des Hauses.
So ist es wohltuend, endlich wieder eine Inszenierung zu erleben, die mit Respekt vor dem Werk und mit schlüssigen Regieeinfällen die Geschichte erzählt und mit passenden Adaptierungen eine ausdrucksstarke Betrachtung des Lebens der „vom Weg abgekommenen“ bietet. Die Regisseurin Christiane Lutz beweist eindrucksvoll, dass es auch bei der Opernregie nicht schadet, wenn man den Beruf gelernt hat. Die vielen Details sind teils überraschend, teils nützlich und immer unterhaltsam; die Personenführung sorgt für einen flotten Verlauf der Handlung, ermöglicht aber auch den Solisten ungestört das zu tun, was ihre Hauptaufgabe ist: Singen!
Das Bühnenbild von Christian Andre Tabakoff ermöglicht die Darstellung der unterschiedlichen Schauplätze der Handlung ohne großen Umbauaufwand – die Weitläufigkeit (Breite) erzeugt allerdings ein etwas inhomogenes Hörerlebnis. In den Pariser Etablissements wird die linke Zuschauerhälfte bevorzugt; in Alfredos Landgut die rechte. Natascha Maraval sorgte mit gefälligen Kostümen für erfreuliche optische Eindrücke. Die musikalische Leitung war bei Christoph Campestrini in bewährt guten Händen und die Beethoven Philharmonie ließ eine festspielwürdige Interpretation der Verdi-Schlager hören, bei der weder die exakt ausgearbeiteten Details noch das temperamentvolle Forte zu kurz kamen. Der Chor „operklosterneuburg“ führte gesanglich und darstellerisch makellos durch die Geschichte.
Auch heuer ist es dem leidenschaftlichen und kompetenten Intendanten Michael Garschall wieder gelungen, eine beeindruckende Besetzung bis in die kleinen Rollen aufzubieten:
In der Titelrolle gab es ein Wiedersehen und vor allem ein Wiederhören mit der jungen russischen Sopranistin Eugenia Dushina, die bereits vor zwei Jahren die Nedda in Leoncavallos I Pagliacci dargestellt hat. Ihre schöne, sichere Stimme strahlt ohne Schärfe in den dramatischen Höhen und klingt auch im Piano klar und deutlich – der seltene Glücksfall einer „kompletten“ Violetta!
Der philippinische Tenor Arthur Espiritu sang mit schön timbrierter, höhensicherer Stimme und edlem Vibrato einen sehr guten Alfredo und bot in den Szenen mit Violetta die eindrucksvollsten Momente.
Günter Haumer, ein niederösterreichischer Bariton aus dem Ensemble der Volksoper Wien, sang den Giorgo Germont mit schöner, aber nicht allzu großer Stimme. So wurde der Eindruck durch starkes Forcieren und – damit verbunden – einem störendem Vibrato beeinträchtigt.
Dies wurde noch durch die Luxusbesetzungen in den tiefen Nebenrollen besonders deutlich. Sowohl Apostol Milenkov mit mächtigem Bass und überschäumender Spielfreude als Baron Douphol als auch Florian Köfler als Dottore Grenvil beeindruckten mit stimmlicher Präsenz.
Die kleinen Rollen waren durchwegs gesanglich und darstellerisch gut besetzt: Florina Ilie als Annina, Christiane Döcker als Flora, Oscar Ore als Gaston und Alexander Grassauer als Marchese d’Obigny sorgten für unterhaltsames Treiben.
Kurz vor Schluss wurde uns bewusst. dass man bei Freiluftveranstaltungen immer mit Überraschungen rechnen muss. So führte einsetzender Nieselregen vorerst zu einer Unterbrechung – nach einer angemessenen Wartezeit musste die Vorstellung abgebrochen werden und wir werden diese La traviata in bleibender Erinnerung behalten.
Es ist doch eine versöhnliche Laune des Schicksals, dass Violetta überlebt!
Alexandre Dumas, Francesco Maria Piave und Giuseppe Verdi werden es aushalten!
Maria und Johann Jahnas