Kaiserhof Stift Klosterneuburg: DON PASQUALE ALS UNERHALTSAMER SOMMERNACHTSTRAUM ( 8.Juli 2012)
Am Sonntag-Nachmittag schüttete es noch eine halbe Stunde lang – um zwei Uhr nachts ging das feuchte „Spektakel“ munter weiter – und dazwischen ging im Kaiserhof des Stiftes Klosterneuburg bei mildem Mondlicht die stimmungsvolle Premiere von Donizettis „Don Pasquale“ in Szene – quasi als „Sommernachtstraum“ und auf jeden Fall als eine der schönsten Produktion, die Intendant Michael Garschall in seiner 15jährigen Ära verbuchen kann. Optisch ist das Ambiente eher modern – die 50er Jahre mit ihrer Italien-Urlaubssehnsucht werden mit großen Bildern aus Rom beschworen (Bühne Hans Kudlich, Kostüme Franz Blumauer) : da knistern die Petty-Coats, da lockt als „Circe“ Sophia Loren und die damals neue Mocca-Maschine und der Traum von der Mobilität wurde durch Roller aus dem Haus Vespa angekurbelt. Der langjährige Klosterneuburger Kinder-Beauftragte Andy Hallwaxx setzt als Regisseur auf Slapstick und aufgesetzten Klamauk – und bringt doch die Grundbotschaft des „Don Pasquale“ gut über die Rampe: Ältere Junggesellen sollen bleiben was sie sind bzw. Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein ! Der bei Film- und Fernsehen erfahrene Medienmann aus Oberösterreich hat offenbar die Gabe, sein Team voll zu motivieren. Und neben exzellenten Solisten hat er dazu einen ganz besonderen Chor zu Verfügung. Der Chor der „operklosterneuburg“ (Leitung Thomas Böttcher) überbietet sich an originellem Spiel, an witzigen Karikaturen und liefert auch musikalisch Außerordentliches. Da gibt es die „anlassigen Aufreisser“, die schrulligen Nonnen, die klemmigen Portiere – alles wird zum Kollektiv und doch zugleich auch zur Einzelstudie. Köstlich! Und diese positive Grundstimmung wird auch vom Orchester, der „Sinfonietta Baden“, unter der ambitionierten Leitung von Christoph Campestrini verbreitet. Schon die Ouvertüre zeigt, Donizetti liefert im Pasquale noch mehr als sonst einen fast kammermusikalischen Kontrapunkt zum Opern-Vollklang. Und die komplexen Final-Szenen ergeben erst die dialektische Auflösung dieses scheinbaren Widerspruches.
Letztlich müssen Belcanto-Opern wie Don Pasquale über 5 gleichwertige Solisten verfügen, die stimmlich wie darstellerisch reüssieren. Und die „operklosterneuburg“ kann damit aufwarten. Bei fast jedem Sänger könnte man auch Einwände vorbringen , aber was soll das bei einem „Sommernachtstraum“?– sicherlich fehlt dem Titelhelden, dem Schweizer Marc-Olivier Oetterli für den Pasquale etwas das Stimmvolumen, aber wenn er dann mit dem technisch perfekten Baritonkollegen, dem Österreicher Günter Haumer als Malatesta das geradezu halsbrecherische Duett anstimmt, dann verfliegt ein solcher Einwand; der vom Typ idealen Norina der Schweizer Sopranistin Chiara Skerath wünscht man doch ein paar „hinaufgesungene“ Spitzentöne; der philippinische Ernsto von Arthur Espiritu schmachtet herzerweichend in seinem „Ständchen“ und am Ende werden alle Solisten und der Dirigent – und auch mit herzlicher Begeisterung – der Regisseur und sein Team – gefeiert. Klosterneuburg darf sich jedenfalls wirklich freuen – Sommernachtsträume haben es nämlich in sich! Und die Solisten dieser Produktion werden bald an der Staatsoper, an der Volksoper und vielleicht sogar in Dresden auftauchen. Der Kaiserhof bewährt sich offenbar als neue und alte Talenteschmiede.
Peter Dusek