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KARLSRUHE: DAS RHEINGOLD

07.05.2018 | Allgemein, Oper

Bildergebnis für karlsruhe das rheingold
Die 3 Rheinnixen (liegend),Ariana Lucas (Erda), Matthias Wohlbrecht (Loge), (c) Falk von Traubenberg

Karlsruhe: Das Rheingold   5.5.2018

Die besondere Idee des Regisseurs David Hermann bei ‚Rheingold‘ (die anderen Wagner’schen Ringteile wurden in Karlsruhe von je anderen Regisseuren inszeniert) ist, in gehäuften Simultanszenen die gesamte weitere ‚Ring‘-Handlung in Pantomimen vorzuführen. Hermann möchte damit zeigen, wie das Rheingold, wo in erster Linie verhandelt und kommuniziert wird, dieses Sprechen, Verhandeln und „Vertragen“ besonders was Wotan betrifft, oft zu schlimmen Konsequenzen und Ergebnissen führt. Damit nimmt er auch sozusagen der durch Motivtechnik „vorauswissenden“ Musik Aufgaben ab, indem er spätere Ereignisse in die Szene einarbeitet. Das trägt vielfach zur Spannung und Bewußtwerdung bei, besonders wenn die Simultanszenen so ineinander greifen, daß etwa Wotan bei der Szene in Nibelheim von dem vorbeikommenden Siegfried übertölpelt wird und plötzlich mit  zerhauenen Speerteilen dasteht. Meist finden die Pantomimen in dem oberen Stockwerk statt, am Ende wird die Gibichungenszene und Brünnhildes Opferung unten neben der Götter-, Riesenszene gespielt, und es ergeben sich weitere Überlappungen. Insgesamt werden interessante Denkanstöße gegeben, die Frage stellt sich aber, ob der Regisseur damit seinen Nachfolgern beim ‚Ring‘ einen Bärendienst erwiesen hat, indem er die Gesamthandlung quasi in einen Abend packt.

Justin Brown läßt seinem Anspruch, das Rheingold wirklich als Konversations- und Verhandlungsstück, quasi Ideenaustausch, zu begreifen, Taten folgen, indem er es so flott wie selten gehört, dirigiert, was auch zu großer musikalischer Spannung beiträgt. Dazu legt er Bruchstellen schonungslos offen, wenn z.B. Wotans Traummusik von Walhall besonders harsch von Frickas ganz anderen Wahrnehmungen jäh unterbrochen wird. Ein wirklich kompetenter ‚englischer‘ Dirigent! Die Karlsruher Staatskapelle stellt ihrer Wagner-Affinität mal wieder unter Beweis und kostet auch die damals neuartige Instrumentation (Wagnertuben) aus.

Wunderbar ist auch das Bühnenbild von Jo Schramm auf der großen Drehbühne entworfen.  Eine Art schwarze Korallenwand, die als Rheinufer fungieren könnte, davor eine hochfahrende Korallenbank, darunter sprudelndes Wasser, wo die Rheintöchter wie hingeschmachtet liegen. Erda kommt auch in phantastischem Muschel-Korallenkostüm hinzu und versenkt den Ring. Das ist der Anfang und das Ende, denn auf diese Position dreht sich die Bühne wieder. Auf der anderen Seite des Korallenriffs, das auch wie schwarze getrocknete Lava wirkt, ist die Götterbehausung, links eine Schlafstatt mit Aktenbörd, daneben eine eine große Wohnküche mit ‚Verhandlungs-Ecken‘. Auf der Dachfläche, zu der rechts die ‚Lavatreppe‘ hinaufführt, steigen die Götter am Ende ins imaginierte Walhall empor. Die Kostüme  sind für die Götter und Riesen heutig und leger, Alberich und Mime erinnern im Look entfernt an Wissenschafler. Dagegen stechen die Pantomime-Schauspieler ab, indem sie antik bis altgermanisch gewandet erscheinen (Kost.: Bettina Walter).

Ein gutes Terzett geben besonders szenisch in ihrem fischhaft aufreizenden Gebaren, aber auch gesanglich Uliana Alexyuk (Woglinde), Alexandra Kadurina (Wellgunde) und  Dilana Bastar (Floßhilde) ab. Die mütterlich wirkende Erda der  Ariana Lucas singt einen auch dunkelgetönten etwas voluminösen Alt. Freia Agnieszka Tomaszewska hat in einigen bewegungsmäßigen Kabinettsstückchen zu brillieren und verliebt sich in den feschen Fasolt. Für die Fricka bringt Katharine Tier einen durchschlagenden, ihre Gesangsphrasen auskostenden Mezzosopran mit, versucht, dem etwas phlegmatischen Wotan Contra zu geben. Yang Xu und Avtandil Kaspeli geben adäquate angenehmstimmige Riesen. Den Mime singt Klaus Schneider mit großem herben und durchschlagenden Charaktertenor und sicherer spielerischer Einfühlung.  Einen ebenso großstimmigen Alberich gibt Jaco Venter, der seine Gesänge auch ganz phrasenpointiert anlegt. Als Loge steigert sich Matthias Wohlbrecht zum tenoralen Spielmacher, der in der Konversation mit Wotan besticht.  Die klangkräftigen  Seung-Gi Jung und Cameron Becker sind Donner und Froh. Den Wotan gibt Nathan Berg als Gast mit seinem manchmal etwas fahl-brüchig angelegten, insgesamt aber doch autoritativ sonorem Baßbariton.   

Friedeon Rosén 

 

 

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