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INNSBRUCK/ Tiroler Landestheater: L’ITALIANA IN ALGERI Premiere. Ein fulminanter Spaß

20.12.2021 | Oper in Österreich

Innsbruck: „L’ITALIANA IN ALGERI“ – 19.12.2021 Pr. – Ein fulminanter Spaß

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Felicitas Fuchs-Wittekindt (Elvira), Johannes Maria Wimmer (Mustafà). Foto: Birgit Gufler

„L’italiana in Algeri“ (1813), Gioachino Rossinis erste abendfüllende Opera buffa, ist in einer fulminanten, farbenfrohen Inszenierung mit zahlreichen Slapstick-Elementen am Tiroler Landestheater zu sehen. Die Regisseurin Anette Leistenschneider, im Team mit Andreas Becker (Bühne) und Michael D. Zimmermann (Kostüme), versetzt die Liebeskomödie um Mustafà, den „Bey von Algier“, der seine Gattin Elvira loswerden will, um sich die schöne Italienerin Isabella zu angeln, die jedoch ihren Geliebten Lindoro aus Mustafàs Sklaverei befreien und mit ihm fliehen möchte, in ein zeitlos märchenhaftes Ambiente, in dem Anspielungen an „Märchen aus tausendundeiner Nacht“ mit optischen Anleihen aus den 1950er Jahren und Accessoires des italienische Lebensstils verschmelzen.

Das Bühnenbild, unter anderem einen festlichen Saal, dann ein orientalisches Bad und immer wieder auch ein schäbiges Hinterzimmer, wie man es aus Mafiafilmen kennt, darstellend, wird überwiegend von arabesken Ornamenten, maurischer Architektur und angenehmen Lila-, Blau- und Grünschattierungen dominiert. Die – übrigens ästhetisch sehr ansprechenden – Kostüme und Frisuren verweisen einerseits auf morgenländische Exotik und andererseits auf die Filmwelt einer Sophia Loren, Gina Lollobrigida und mafioser Paten, kulminierend in der Erscheinung des Mustafà als Macho und Unterwelt-Lebemann. Leistenschneider forciert die von Rossini und seinem Librettisten Angelo Anelli vorgegebene Klischeehaftigkeit des Stoffes, indem sie ganz besonders das Italienklischee strapaziert, auch unter Einsatz zahlreicher Italienobjekte. Espressokocher, die „Bandiera d’Italia“ als Flagge und Wimpel, „la cuccina italiana“ allgemein und Spaghetti im Besonderen und dann und wann ein Spielzeug-Ferrari erinnern – mitunter wie die Faust auf dem Auge – an das Land, aus dem das Werk stammt.

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Christoph Filler (Haly), Jaime Hartzell (Zulma). Foto: Birgit Gufler

Freilich verleitet die Absurdität der Handlung zu solchen Überspitzungen, auch zu grotesken Choreographien, insbesondere der komplex-virtuosen Ensemblenummern, was aber andererseits den Unterhaltungswert sehr steigert. Die Darstellerinnen und Darsteller singen nicht nur, sondern bewegen sich auch sehr lustig wie Street und Line Dancers. Die Bewegung steigert die ohnedies schon in der Musik und Handlung vorgegebene Dynamik auf eine fulminante Art und Weise.

Auch die Darbietungen der Sängerinnen und Sänger waren dazu angetan, den Erfolg dieser Premierenvorstellung zu beflügeln. Felicitas Fuchs-Wittekindt als Elvira verfügt über eine Sopranstimme von großer Ausdruckskraft, um die Facetten ihrer Wandlung von der verzweifelten zur selbstbewussten Ehefrau überzeugend darzustellen. Lamia Beuque spielt eine schauspielerisch glänzende Isabella, deren Mezzosopran ganz besonders in den koloraturhaften Arien des zweiten Aktes triumphierend aufleuchtet. Theodore Browne mit seiner beeindruckend wendigen, biegsamen Tenorstimme zieht als Lindoro das Publikum von der ersten Sekunde seines Auftritts an in seinen Bann. Wolfgang Stefan Schwaiger (Bariton) ist nicht nur ein herrlich komödiantischer, sondern auch ein stimmlich sehr versierter und beredter Taddeo, er gewann dem Schlussapplaus nach den Publikumspreis des Abends. Johannes Maria Wimmer (Bass) überzeugte als präsenter, auch darstellerisch witziger Mustafà. Mehr als bloß „Nebenrollen“ erfüllten die Sopranistin Jaime Hartzell als Elviras „Lieblingssklavin“ Zulma und Christoph Filler als Hauptmann Haly. Sie beglückten sowohl als Handlungsakteure als auch stimmlich. Andrea De Majo geisterte als stummer „Bezaubernder Dschinni“ durch das Geschehen. Hoch einzuschätzen ist die Leistung des prägnanten Chors und der Statisterie des TLT – und nicht zuletzt des Tiroler Symphonieorchesters Innsbruck unter der Leitung seines Chefdirigenten Kerem Hasan, das klanglich homogen und in allen Registern bestens besetzt geistreich und inspirierend aufspielte und so wesentlich zur eindrucksvollen Qualität der Vorstellung beitrug.

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Chor (Algerier), oben: Johannes Maria Wimmer (Mustafà), Christoph Filler (Haly). Foto: Birgit Gufler

Thomas Nußbaumer

 

 

 

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