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INNSBRUCK: LA WALLY

04.11.2012 | Allgemein, KRITIKEN, Oper

Innsbruck „LA WALLY“ am 2.11. (Premiere 29.9.) – Endlich zuhause angekommen!

 
Zwei liebenswerte Singschauspielerinnen: Susanna von der Burg (Wally) und Susanne Langbein (Walter). Copyright: Rupert Larl

Fragwürdigkeit der Rezeptionsgeschichte: seit der Uraufführung 1892 in Mailand sind sage und schreibe 120 Jahre vergangen bis Catalanis Oper nach dem mehrmals verfilmten Sujet des Romanes von Wilhelmine von Hillern die Heimat dieser teilweise wahren Begebenheit erreicht hat. Zu verdanken ist es Johannes Reitmeier, der von dem bisherigen Versäumnis in Kenntnis gesetzt, beschloss diese überfällige Premiere an den Beginn seiner Intendanz am Tiroler Landestheater zu setzen.

Was nun dort mit dem Bühnenbildner Thomas Dörfler, dem Kostümbildner Michael D.Zimmermann, dem Lichtgestalter Johann Kleinheinz und dem Video-Produzenten Karl Heinz Christmann auf die Bühne im wahrsten Sinne des Wortes an Stimmungsdichte und werkdienlich sinnvoller Verwandlungskunst gezaubert wurde, zeugt von einem Theaterteam, das sich als dankbarer Diener des Gesamtkunstwerkes Oper versteht und dieses leider mit vielen Klischees behaftete veristische Drama nicht als Alibi oder Spielball für eigenmächtige Bearbeitungen missbraucht, sondern seine ehrlich begeisterte Überzeugung spürbar macht. Das bedeutet wiederum keineswegs eine akribische Klammerung an die Anweisungen im Libretto, keine 1:1 Übersetzung. Einzelheiten der mit Hilfe der Drehbühne geschaffenen Bildwirkungen wurden bereits im Premierenbericht von Dietmar Plattner (Ausgabe 10/2012) beschrieben, so dass hier eine Konzentration auf die alternativen Besetzungen der Titelrolle sowie einer weiteren tragenden Partie erfolgt.

Susanna von der Burg, seit über 10 Jahren eine der vielfältigst eingesetzten Stützen des Ensembles, kann als Wally ihre Bühnenpräsenz vom ersten bis zum letzten Moment voll ausspielen und so die zentrale Funktion der reichen Gastwirtstochter restlos ausfüllen. Mit ihrem zwischen verinnerlicht schlichtem und emphatisch bewegtem Tonfall flexibel balancierenden Sopran vermag sie den Wandel von der hartherzig kalten, mannhaft unerschrockenen zur liebenden und aufopferungsvoll verzichtenden Frau aufs Publikum bewegend natürlich zu übertragen. Was ihr an mädchenhaft leichter Beweglichkeit abgeht, gleicht sie durch eine vokal vielfältige Modellierung aus, die aber klugerweise vor jeglicher Forcierung und Grenzüberschreitung halt macht. Am stärksten ist sie dort, wo sie in von warmen Herzenstönen getragenen Kantilenen, besonders in ihrem Rückzug in die Welt des Eises, in der letzten Euphorie der Vereinigung mit Giuseppe und im Angesicht des Todes gleichzeitig berührt und erschüttert.

Auf ähnliche Weise, im Bereich klarer strahlender Töne lyrischen Charakters und herzhaft aufgewecktem Spiel gewinnt Susanne Langbein als kindliche Lebendigkeit und Wehmut vereinender, Wally begleitender Freund Walter, die Sympathien des Publikums.

Einen so sicher in der Region unangenehm hoch notierter Passagen beheimateten und darüber hinaus zwischen ungestüm kräftigem und liebevoll sanfterem Tonansatz differenzierenden Tenor wie Paulo Ferreira zu finden, dürfte das Hauptproblem der Opernhäuser sein, dieses Werk anzusetzen und unterstreicht so auch das künstlerische Geschick der neuen Intendanz. Für die zarteren Phrasen dieser Partie ein noch etwas einschmeichelnderes Timbre zu wünschen, wäre da fast schon überheblicher Anspruch.

Ob Bernd Valentin, der dem Gegenspieler Gellner vollmundig explosives baritonales Profil gibt, Marc Kugel als patriarchalischer Stromminger mit entsprechend autoritär eingesetztem Bass, die in ihrer Festtagstracht attraktiv hervorstechende Melanie Lang als Afra mit durchsetzungsfähig klarem Mezzo oder der für den intriganten Landstreicher passend grobschlächtige Bass Johannes Wimmers – eine durch und durch stimmige Besetzung. Der lebhaft ins Spiel integrierte und ebenso motiviert klingende Chor des Tiroler Landestheaters (Einstudierung: Michel Roberge) trägt genauso wie das von Vito Cristofaro sehr aufmerksam geführte und den Feinheiten und raffiniert atmosphärischen Färbungen der Partitur Rechnung tragende Tiroler Symphonieorchester Innsbruck zur geschlossen faszinierenden Gestalt dieser Produktion bei. Dass diese heimgeholte Rarität dabei auch den verdienten Publikumserfolg mit laut Auskunft stets so gut wie ausverkauften Vorstellungen erfährt, rundet das Glück noch ab. Johannes Reitmeier ein großes Lob für diese Initiative und weiterhin viel Geschick!

Udo Klebes

 

 

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